EMtaz: Achtelfinale Schweiz – Polen: Kuba schlägt Schweiz
Elfmeterschießen beim ersten K.-o.-Spiel der EM: Polen setzt sich gegen die Schweiz durch. Matchwinner ist Jakub „Kuba“ Blaszczykowski.
Die Startbedingungen: Polen: 1:0, 0:0, 1:0. Schweiz: 1:0, 1:1, 0:0. Das war die Vorrunde. Zusammengefasst in Dezimalzahlen: 2220. Hexadezimal: 8AC. Was man sonst noch wissen muss? Beide Teams sind das erste Mal für die Endrunde bei einer EM qualifiziert. Das liegt daran, dass beide Teams vergleichsweise gut besetzt sind.
Während der Vorrunde überzeugten bei der Schweizer „Nati“ natürlich Granit Xhaka und die Defensive um Yann Sommer. Bei den Polen ist Robert Lewandowski in der Gruppenphase zwar noch ein Tor schuldig geblieben, aber dafür trafen Fast-Shooting-Star Arkadiusz Milik und Konsonantenmonster Jakub Blaszczykowski, kurz Kuba, jeweils einmal. Richtig überzeugende Leistungen sind sowohl Polen als auch die Schweiz allerdings noch schuldig geblieben. Zum Glück ist heute win-or-go-home. Zumindest eine Mannschaft muss heute also irgendwann irgendwas machen.
Das Vorurteil: Was passiert, wenn zwei Kontermannschaften aufeinander treffen? Richtig: Zähes 0:0 nach 90 Minuten. Zähes 0:0 nach 120 Minuten. Zähes 1:0 nach Elfmeterschießen. Vorteil Yann Sommer. Achso, das Wichtigste beinahe vergessen (hihi): Die Puma-Trikots der Eidgenossen bekommen natürlich mehr Löcher als Schweizer Käse.
Das Spiel: Direkt nach dem Anpfiff hat Milik nach einer misslungenen Johan-Djourou-Rückgabe auf Sommer die Riesenchance, verballert aber. Mit so schlechtem Shooting wird man bestimmt kein Star. Kurz darauf trifft Blerim Dzemeaili nach einer Pass-Flanke von Xherdan Shaqiri das Außennetz am kurzen Pfosten. Danach ist das Spiel erstmal so zäh wie Käse-Fondue von gestern. Siehe Vorurteil.
Erst zehn Minuten vor der Halbzeit gibt es etwas zu sehen. Die Schweiz hat nach guten Kombinationen einige passable Halbchancen, zusammengerechnet etwa 11 Chancen nach dem binären System. Den Polen ist das allerdings Kielbasa: Die warten einfach auf einen Konter. Den gibt es schließlich in der 39. Minute nach einer Schweizer Ecke. Der polnische Mittelfeldspieler Kamil Grosicki überrennt nach einem Abwurf von Torhüter Fabianski das komplette Feld. Spielt dann Doppelpass mit dem Gegner und tortenhebert eine Sahne-Flanke auf den Fuß von Kuba. Der gräbt innerhalb von zehntelsekunden den Gotthardt-Basistunnel zwischen Sommers Beinen neu und weiht ihn sofort ein. 0:1. Für Polen. Na zdrowie.
16:05 Uhr, 23 Grad, Saint-Etienne, zweite Halbzeit: das Trikot hält. Bislang. Und das obwohl die Schweiz nach Wiederanpfiff mehr Druck ausübt. Nach den Einwechslungen von zwei weiteren Stürmern, Breel Embolo und Eren Derdiyok, ist abgesehen von polnischem Zeitspiel nur noch die „Nati“ zu sehen: Der Wolfsburger Ricardo Rodriguez erzielt in der 73. fast ein Freistoßtor, und Haris Seferovic schießt den Ball in der 78. an die Latte. Auftritt Shaqiri. Der rächt die polnische Unpünktlichkeit in der 82. mit einem Seitfallzieher aus 16 Metern. Bäm. Und irgendwo denkt sich Zlatan Ibrahimovic: „Fast besser als Ali, dieses Tor.“ Zu recht.
Empfohlener externer Inhalt
Verlängerung. In den ersten 15 Minuten passiert genau: gar nichts. In der zweiten Hälfte sieht das anders aus: Die „Nati“ gibt den Ball seltener her als eine Katze, die sich in einem Wollknäuel verheddert hat. Die Schweiz bleibt trotz krampfender Waden ebenso verspielt. Schade nur, dass Grumpy-Cat Fabianski in der 113. und der 118. in das Fondue spuckt. Beide Male vergibt Derdiyok, deswegen Elfmeterschießen.
Xhaka versemmelt den zweiten Elfmeter für die Schwiiz und fliegt hochkant raus. Mit der Schleuderpike bolzt er den Ball am Kasten von Fabianski vorbei. Hart, aber ungerecht. 6:5.
Der entscheidende Moment: Das Ausgleichstor von Shaqiri ist das schönste der EM bislang: Ein Seitfallzieher aus 16 Metern, der mit der Genauigkeit eines Schweizer Uhrwerks erst den Innenpfosten küsst und dann ins Tor geht.
Der Spieler des Spiels: Lukasz Fabianski. Der polnische Torhüter hielt gut und leitete mit einem perfekten Abwurf den Konter zum 1:0 für Polen ein. Mit einer großartigen Parade verhinderte der Keeper Swansea Citys den Ausgleich in der 73. nach einem gefährlichen Freistoß von Ricardo Rodriguez, in der Verlängerung rettete er gegen Derdiyok. Spielte erfolgreich auf Zeit und ließ sich außerdem nicht tunneln. Stark. Gegen Shaqiris Seitfallzieher konnte er gar nichts machen. Ohne Fabianski hätte Polen schon nach der regulären Spielzeit mit einem Bein im Flieger nach Warschau gestanden.
Die Pfeife des Spiels: Fabian Shär haut mit der saftigsten Grätsche seit Verteidiger gedenken Robert Lewandowski um. Heißt von nun an Fabian mit den Schärenbeinen.
Das Urteil: In der zweiten Halbzeit sogar ein sehr gutes Spiel. Dank dem Führungstreffer der Polen wechselte die Schweiz mehrfach offensiv und spielte mitnichten wie eine Kontermannschaft. Polen mauerte trotzdem und gewann am Ende. Immerhin haben die Trikots gehalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“