EIN EXFASCHIST DARF IN DEN EU-KONVENT UND MUSS BRAV SEIN: Italienische Integration
So gefällt Silvio Berlusconi die Europapolitik: Die EU-Außenminister akzeptieren seinen Koalitionspartner, den Exfaschisten Gianfranco Fini, als italienischen Vertreter im Konvent, in dem die nächsten großen EU-Reformen vorbereitet werden. So führt sich Berlusconi nun mit Recht als strahlender Sieger auf. Hatte er nicht immer gepredigt, mit seiner Regierung seien die Zeiten vorbei, in denen Italien die Entscheidungen der anderen EU-Staaten einfach abnicke?
Die Personalie hat er mit geschicktem Poker durchgesetzt: Auf die Widerstände aus den europäischen Hauptstädten erwiderte er trocken, Fini werde auf jeden Fall in den Konvent entsandt; zur Not müsse eben Konvents-Vizepräsident Giuliano Amato zu Hause bleiben; der Proeuropäer war bereits beim EU-Gipfel im Dezember ernannt worden. Jetzt werden beide in dem Gremium sitzen: der eine für die Regierung, der andere für die EU. Zugleich ist Fini ruhig gestellt: Vor wenigen Wochen noch versagte Berlusconi ihm den Posten des Außenministers, jetzt gewährt er seinem Vizeministerpräsidenten die große europäische Bühne. Und last, not least zerstritt sich die Opposition heillos über ihren eigenen Repräsentanten; am Ende wurde es der Mitte-Mann Lamberto Dini.
Berlusconis Triumph ist keine Niederlage für Europa. Gleich drei der vier in den Konvent geschickten Italiener – Amato, Dini und der Christdemokrat Marco Follini – sind überzeugte Europäer. Keiner der Euroskeptiker, die den Außenminister Ruggiero zur Jahreswende aus dem Amt stänkerten, kam zum Zug. Auch Fini kann kaum als ihr Mann gelten, denn der Politiker mit Vergangenheit hat im Konvent eigene Probleme zu bewältigen. Brav und seriös wird er sich geben, als guter Europäer, verlässlicher Partner. Schließlich möchte er mit seiner Alleanza Nazionale Mitglied in der Europäischen Volkspartei werden, und eines nicht allzu fernen Tages wäre er gern Außenminister oder gleich Regierungschef. Als Störer im Konvent kann er deswegen nicht auftreten. Am Ende also könnte sich der Deal mit Berlusconi als für Europa vorteilhafter Tausch entpuppen: Italien durfte Größe demonstrieren, weil er diesmal auf integrationsfeindliche Abwege verzichtete. MICHAEL BRAUN
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