Duschmobil für obdachlose Frauen: Ein erfrischender Einfall

Nach einer Parisreise hatte Matthias Müller eine Idee: ein Duschmobil für Obdachlose. Ab August soll es durch Berlin rollen – nur für Frauen.

Matthias Müller und sein Duschmobil Foto: Stefanie Loos

Die Idee zu dem Duschmobil hatte Matthias Müller vor zwei Jahren. Damals hörte er von solchen mobilen Duschwagen in Paris, in denen sich Wohnungslose waschen können. So ein Hilfsangebot wollte der Inhaber einer Berufsbekleidungsfirma auch in Berlin umsetzen und kaufte kurzerhand einen Bus, den er seither in Eigenregie umbaut. Müller treibt der Wille an, Menschen zu helfen, denen es nicht so gut geht wie ihm selbst.

Wie der Bus nach dem Umbau zum Duschmobil ausschauen sollte, dafür hatte Matthias Müller konkrete Vorstellungen. Besonders wichtig ist ihm, dass der Bus wetterfest ist, damit auch im Winter warme Duschen darin möglich sind. Einen „Schönwetterbus“ könne ja jeder bauen, sagt der gelernte Maschinenbauer selbstbewusst. Die gestalterische Herausforderung reizte ihn. „Trial and error“ war für ihn aber keine Option – denn wenn der Bus einmal auf der Straße fahre, müsse er funktionieren. Darum ließ er sich etwa beim Ausbau der Busdecke von zwei Potsdamer Schiffsbauern helfen.

Gedacht ist das Duschmobil für obdachlose Frauen. Pro Duschgang wird dabei nur jeweils eine Nutzerin Platz finden. Eine Massendusche solle es nicht werden, vielmehr sollen die Frauen in der 4-Quadratmeter-Dusche mit viel Ruhe duschen können. „Das sind zweimal zwei Meter Wellness“, so Müller. Dank eines 75-Liter-Tanks können sich pro Tag fünf Personen in dem Duschwagen waschen, eine Heizung sorgt für Warmwasser, Solarzellen auf dem Dach versorgen den Bus mit Strom.

Den enormen Aufwand, den Müller betreibt, kann sein Bekanntenkreis häufig nicht nachvollziehen. „Ich werde oft gefragt: ‚Warum tust du dir das an?‘“ Einfach nur Geld zu spenden hätte ihm aber nicht gereicht. „Da steckt nicht meine DNA drin.“

Oft Gewalterfahrung

Selber fahren möchte er den Duschbus aber nicht. Das Projekt solle nicht nur eine Waschmöglichkeit für obdachlose Frauen darstellen, sondern auch der Kontaktaufnahme dienen. „Das müssen Profis machen, die den Zugang zu den Frauen haben“, so Müller, der hofft, dass das Duschmobil ein Treffpunkt für die Frauen wird.

Das Hoch „Ursula“ erreichte am Mittwoch seinen Höhepunkt mit Temperaturen von bis zu 38 Grad in der Region. Obdachlose trifft die Hitze besonders: Busse einer sozialen Hilfsorganisation versorgten sie mit Wasser, Sonnencreme und Obst, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales. „Wir wissen, dass die Hitze herausfordernd ist für die Betroffenen.“ Der vom Land mitbezahlte Busservice fährt seit Mai verschiedene Stellen an. In den ganzjährig geöffneten Notunterkünften stünden derzeit 200 Plätze zur Verfügung. (taz, dpa)

Die nötige Unterstützung für sein Konzept findet er beim Sozialdienst katholischer Frauen, dem Müller den dann fertigen Bus Anfang Juli übergeben will. Der Sozialdienst bietet zahlreiche Angebote wie Notunterkünfte und Beratungsstellen speziell für wohnungslose Frauen an.

Ursula Snay, Pressesprecherin des Dienstes, glaubt an Müllers Projekt, denn durch den Duschbus könnten mögliche Hemmnisse abgebaut werden. Laut Snay hätten obdachlose Frauen häufig Gewalterfahrungen machen müssen, manchmal selbst in Hilfseinrichtungen. Daher scheuten viele den Gang zu diesen Organisationen. Mit einem Mobil könnte der Sozialdienst auch diese Frauen erreichen: „Für viele Frauen ist es eine Hürde, in eine Institution zu gehen, wir gehen zu den Frauen hin.“

Bisher gibt es nur wenige Duschmöglichkeiten für Obdachlose in Berlin. Die Stadtmission betreibt am Bahnhof Zoologischer Garten ein Hygienecenter, in dem Menschen, die auf der Straße leben, eine Duschmöglichkeit haben. Über 200 Menschen nehmen das Angebot der Bahnhofsmission täglich wahr. Etwa ein Fünftel der Nutzenden seien Frauen, so der Bahnhofsmission-Leiter Wilhelm Nadolny. Er betont die Relevanz von geschützten Räumen für wohnungslose Frauen, denn Nadolny beobachtet einen „wachsenden Anteil der obdachlosen Frauen proportional zur Gesamtzahl der wohnungslosen Menschen in Berlin“. Belastbare Zahlen gebe es jedoch keine.

Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zufolge sind etwa ein Viertel der Wohnungslosen in Deutschland Frauen. Wie viele Obdachlose insgesamt in der Hauptstadt leben, ist nicht bekannt, der rot-rot-grüne Senat möchte in diesem Jahr aber eine Zählung durchführen lassen.

Mobiler Standortvorteil

Laut Nadolny ist das Angebot am Bahnhof Zoo möglichst niedrigschwellig gestaltet, eine Hürde sei jedoch die Anfahrt. Der große Vorteil des Duschmobils ist eben dessen Mobilität.

Ein ähnliches Hilfsprojekt ist derzeit auch in Hamburg geplant. Bis der durch Crowdfunding finanzierte GoBanyo-Bus jedoch Obdachlosen in der Hansestadt Duschmöglichkeiten anbieten kann, dauert es noch einige Monate. In Berlin soll es im August mit den Fahrten des Duschmobils durch die Stadt losgehen. Der Bus soll dabei an verschiedenen Orten stehen, wo der Kontakt zu obdachlosen Frauen hergestellt werden kann. Laut Ursula Snay werden möglichst zentrale Anlaufstellen angefahren, die aber trotzdem genügend Schutz bieten, um die Privatsphäre der Frauen zu respektieren.

Zwei Sozialarbeiterinnen des Sozialdienstes katholischer Frauen sollen an fünf Tagen pro Woche mit dem Bus unterwegs sein. Snay kalkuliert die jährlichen Kosten dafür auf 80.000 bis 100.000 Euro. Gespräche zur Finanzierung durch den Senat liefen zwar noch, das Projekt sei aber politisch gewollt. Matthias Müller wünscht sich lediglich, dass seine Idee gut angenommen wird – „und ein paar Menschen glücklich macht“.

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