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Durchs DröhnlandWeil Wüste gut klingt

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Es gibt ja Menschen, die werden nie erwachsen und merken das nicht mal. Die meisten schlagen sich aber ihr Leben lang damit herum, ob sie es nun endlich werden wollen, sollen, müssen oder bringen sich gleich um. Einer von denen ist Ric Menck: „Wir sind alle über 30. In unseren Songs blicken wir uns um und überlegen, wie es in unserem Leben weitergeht. Es ist eine Mischung aus dem Wunsch, ein Teenager zu bleiben, und dem, erwachsen zu werden.“ Menck ist ein spitzbübisch dreinguckender Schlagzeuger mit blondem Topfschnitt, der aussieht wie aus „Blow Up“ oder einem anderen Sixties-Intellektuellen-Kultfilm entsprungen. Überhaupt ist das ganze Erscheinungsbild von Velvet Crush mit grobgestricktem Rollkragenchic und liebevollem Retro-Cover sehr englisch und Sixties. Und die aktuelle Platte heißt „Teenage Symphonies To God“. Dabei kommt das Trio aus Chicago.

So wie sie ihre eigene Herkunft auf britische Maßstäbe übertragen, versuchen sie es auch mit der Musik. Sie orientieren sich zwar eindeutig an amerikanischen Klassikern, aber setzen das mit einem von den Inseln übernommenen Understatement um und verzichten dabei soweit wie möglich auf Klischees und aus den Fugen laufende Gefühle. Bei ihnen finden sich Motive von den Byrds und Buffalo Springfield, aber auch ganz klassischer Sixties- Power-Pop inklusive Woop- Woop-Hintergrund, ja selbst klassischer Bluesrock, aber umgesetzt wird das mit einer selbstverständlichen Coolness, die vielleicht zuletzt Alex Chilton mit Big Star erreichte. Und der war zu diesem Zeitpunkt – auch ohne Tee zu trinken – eigentlich auch sehr britisch. Natürlich tragen Velvet Crush kein bißchen dazu bei, daß sich morgen die Musikwelt von Grund auf verändern wird, aber vielleicht werden sie ja für den Sixties-Rock, was Green Day für Punk waren: Sachwalter mit einem inzwischen goldenen Näschen und trotzdem noch recht sauberen Fingern.

Mit den Cuban Rebel Girls am 5.2. um 22 Uhr auf der Insel, Alt- Treptow 6, Treptow

Ach ja, unser alter Freund Howie. Er kommt mir vor wie ein vertrauter Kumpel, ein notorischer Eigenbrötler, der sich am liebsten zu Hause einschließt und an obskuren Erfindungen herumbastelt und am besten gar nichts mit der Welt zu tun haben möchte. Ab und an, wenn ihn die Einsamkeit zu mächtig überfällt, schreibt er mal eine Karte oder ruft an. Howe Gelb hat sich 17mal in den letzten elf, zwölf Jahren gemeldet. Er nennt es aber Platten machen. Manchmal dann überkommt es den Einsiedler, und er lädt sich einen Haufen Leute ein und macht noch mehr Lärm als schon alleine. Das nennt er auch Platten machen. Und manchmal sogar – bei Manisch-Depressiven ist das wohl so – kehrt er sich total um, und dann wird Gelb zum Geselligkeits-Monster. Zu einem Menschen, der gerne auf Tour geht und so lange nicht von der Bühne verschwindet, bis seine Flasche brauner Tequila leergesoffen ist. Dann ist er sogar so menschenfreundlich, daß er in sehr kurzen Abständen die Besetzungen seines Steckenpferds Giant Sand radikal ändert, damit es niemand zu lange mit ihm aushalten muß – außer John Convertino, der sitzt jetzt schon seit Ewigkeiten hinter seinem Schlagzeug und sieht seinem Chef grinsend zu, wenn der seine Arbeit verrichtet und wieder zu sehr ins Quatschen gerät. Nun gut, Gelb weigert sich trotz allen Charismas, das er unzweifelhaft ausstrahlt, schon seit Jahren konsequent, richtig berühmt zu werden. Da haut er mal eine Pop-Platte raus, daß selbst der trendschnuppernde Spiegel in ihm zukünftiges Platin vermutet, nur um mit völlig zerrissenen Folge-Alben alles wieder einzuschmeißen. Der Mann steht einfach drüber, er macht sein Ding, er singt und bearbeitet seine Gitarre, er lebt in der Wüste, weil die gut klingt, und weil er eine sechsjährige Tochter hat, darf die inzwischen auf jeder Platte mehr schlecht als recht ein Liedchen trällern. Aber trotz allem bleibt dieser Obersympath weiterhin so ziemlich das Beste, was dem Alternative Rock hoffentlich nie in großem Umfang passieren wird. Damit wir ihn weiter für uns behalten können.

Am 5.2. um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg

Die Cucumber Men sind drei Jungens aus Käffern um Hamburg herum und spielen einen hektisch dahindödelnden Poprock, der breaktechnisch und rhythmisch zwar viel vom Hardcore genommen hat, aber im ganzen viel zu freundlich daherkommt, um den erklärten Vorbildern Red Hot Chili Peppers nahezutreten. Trotzdem schöne Melodien und trotz der Hamburgnähe kein bißchen verquast. Ebenso schlichte wie einfach gute Unterhaltung.

Am 6.2. um 22 Uhr im Franz, Schönhauser Allee 36–39, Prenzlauer Berg

Die notorische Familie aus Hönow ist wieder da und immer noch mit demselben Konzept. Live heißt das, Vater Jürgen Wagner schmeißt heftig und vielsagend gestisch Farbe auf monströse Leinwände, Sohn Thomas malträtiert die Gitarre zu vom Band kommenden Rhythmustracks. Raus kommt dann Herr Blum. Zwischen den beiden entsteht zwar ein Zusammenspiel wie zwischen den Instrumenten einer herkömmlichen Kapelle, aber doch ganz anders, zumindest wesentlich visueller. Dieses Projekt funktioniert so recht zwar nur auf der Bühne, aber so wie dabei eben Bilder entstehen, kommen auch Songs zustande. Die Bilder kann man ausstellen, die Songs auf Platte pressen. Aber das ist halt nicht dasselbe. Die Kombination ist immer noch ein Ereignis, auch wenn live von den ziemlich krautigen Punkrocksongs meist nicht viel übrigbleibt, sondern ein Großteil in Lärmattacken aufgelöst wird. Gesamtkunstwerk rules weiter o.k.

Am 8.2. um 22 Uhr in der Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte

Kaum jemand hat sich in so kurzer Zeit so überzeugend Feinde gemacht wie Jamiroquai. Das Publikum, das sich hauptsächlich wegen des beinharten Uraltfunks mit ausführlichen Jazzdröseleien eingefunden hatte, fühlte sich mit arroganter Lustlosigkeit über den Tisch gezogen. Und schon war das sorgfältig aufgebaute Image vom Soulcrooner als Radikalökologen im Endlager versenkt. Jason Kay macht aber trotzdem weiter mit der üblichen Funkschaffe, den Schweiß-auf- deinem-Körper-Nummern und den Der-Planet-ist-am-Ende-Beschwörungen. War die Debütplatte aber immerhin noch wirklich klasse zuckender, wenn auch extrem altmodischer Funk, sind die letzten Veröffentlichungen auch noch überaus schlapp geraten. Also gilt weiterhin: Geld sparen oder gleich direkt an Greenpeace überweisen!

Am 8.2. um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt, Hasenheide 108–114, Neukölln Thomas Winkler

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