sonntag in bremen
: „Durch Arbeit und durch Religion“

Am Tag des offenen Denkmals kann die Gefängniskapelle in Oslebshausen besucht werden

taz: Herr Kümmel – Sie führen durch Bremens unbekanntestes Gotteshaus?

Michael Kümmel, Vollzugshelfer: Mit Sicherheit. Schließlich ist die Gefängniskapelle nicht frei zugänglich.

Wie viele Besucher kommen?

Das steht noch nicht ganz fest, die Anmeldungen liegen noch nicht vor. Und per e-Mail kann man sich noch bis Samstagmittag anmelden. Am Samstag selbst haben wir aber Angehörigen-Tag. Da kommen 176 Besucher.

Und bei Normalbetrieb?

Na, geschätzt ist das so eine Gruppe von 20 Insassen, mit der die Seelsorger unter der Woche arbeiten, zu den Gottesdiensten kommen rund 40.

Wie unterscheidet sich die Gefängniskapelle von normalen Kirchen?

Früher war das deutlicher: Damals, als sie gebaut wurde, war das ja ein gigantisches Sicherheitsproblem…

Warum?

Damals war der Gottesdienstbesuch für Gefangene Pflicht. Aber sie durften nicht miteinander reden. Also gab es mitten in der Kirche ein Podest für die Aufseher. Und in den Kirchenbänken waren Trennwände zwischen den Sitzplätzen. Aber die Bänke gibt es nicht mehr. Davon zeigen wir nur Fotos.

Hat die Kapelle einen besonderen Charme?

Eine besondere Atmosphäre, doch. Das liegt daran, dass ihr Umfeld eher rau geprägt ist: Vollzug ist rau. Da ist die Kapelle ein Raum der Ruhe und Einkehr, wo die Gefangenen Trost suchen können.

Muss man sehr sensibel sein, um das zu erkennen?

Nein, es gibt bauliche Besonderheiten. Da ist zum Beispiel eine fantastische Holzdecke von 1874, also noch original aus der Bauzeit. Der Altarraum ist auch gestalterisch abgehoben, etwa durch die farbigen Fenster. Also nicht so wie in den modernen Sakralbauten, wo man sich fragt, ist das eine Bushaltestelle oder eine Kirche. Schließlich ist die Kapelle nochhöchster Punkt der Anstalt: Die Gefangenen sollten durch Arbeit und durch Religion geläutert werden. Davon ist das der architektonische Ausdruck.

Merkt man das drinnen?

Nein: Es gibt keine besondere Aussicht oder so etwas. Man kommt sich auch nicht erhaben, sondern eher relativ klein vor, weil der Raum sehr hoch ist.

Also bemerkt man die Höhe nur durch die Treppen.

Allerdings! Das sind mindestens vier, fünf Treppen, die man aus der Anstalt bis in die Kapelle hochsteigt. FRAGEN: BES

Gefängniskapelle, Sonnemannstraße 1-7. Geöffnet So, 9-16 Uhr. Anmeldung erforderlich und bis Sa, 12 Uhr möglich unter: mkuemmel@jva.bremen.de