heute in bremen
: „Dumme Fragen sind das gar nicht“

Foto: Marlene Zander

Sebastian Dannenberg

41, ist Maler und war dieses Semester Gastprofessor an der Hochschule für Künste.

Interview Lotta Drügemöller

taz: Herr Dannenberg, entschuldigen Sie die plumpe Einstiegsfrage, aber: Welches Eis passt am besten zu Haake?

Sebastian Dannenberg: Wenn ich was sagen müsste: vielleicht Zitronensorbet. Aber so viele Gedanken habe ich mir dazu noch nicht gemacht. Als ich diese Markisenarbeit ...

… mit dem Titel „You get icecream and I fetch some beer“…

... gemacht habe, habe ich an eine Abenteuergeschichte gedacht, die ich mal gelesen habe. Dort hat die Frau des Pyromanen immer Schokolade zum Bier gegessen. Das ist absonderlich und wurde auch so beschrieben – den Effekt wollte ich haben. Der Titel beschreibt für mich aber auch einen Ausgehtag unter Freunden: Man hängt vielleicht vorher schon mal ab, isst am Nachmittag schon mal ein Eis, irgendwann geht das dann über zum Biertrinken.

Fragen die Menschen Sie nach dem Hintergrund von Kunst? Oder sind Ga­le­rie­be­su­che­r*in­nen da anders drauf?

Das ist sehr unterschiedlich. Es passiert, dass mir eher nerdige Fragen gestellt werden, nach Konzeptkunst, Minimal oder monochromer Malerei. Aber dieses altbekannte „Was soll denn das?“ oder „Das kann mein Kind auch“ gibt es eben auch. Dumme Fragen sind das gar nicht. Ich mag es, über meine Kunst zu sprechen und wenn man sich auf niedrigschwellige Fragen einlässt,entstehen oft interessante Gespräche.

Wenn Sie also gern Ihre Kunst erklären: Was fasziniert Sie an Rückseiten? Viele ­Ihrer Kunstwerke zeigen mit der Front an die Wand.

Lange vor meinem Kunststudium war ich im Prado in Madrid. Ich fand die Arbeiten dort sehr hermetisch. Das sind riesige Schlachtengemälde, irgendwie haben die mich kalt gelassen. Irgendwann kam ich in einen Raum, in dem eine Arbeit in einer Vitrine ausgestellt war: Ich konnte die Rückseite sehen, die Kritzeleien des Künstlers, Vorüberlegungen. Durch diesen Zugriff auf eine subjektive Geste hat für mich so was wie ein demokratischer Prozess, eine Resonanz stattgefunden. In dieser irgendwie voyeuristischen Nähe kann man sich selber verorten, mit dem, was man tut.

Das Horner Eck ist keine normale Galerie. Inwiefern spielt das eine Rolle?

Im Studium wird man immer gewarnt davor, eine Ausstellung in einer Kneipe zu machen. Jetzt, wo ich Gastprofessor war, macht es mir doppelten Spaß, das zum ersten Mal zu machen. Eine Kneipe ist eigentlich ebenso wie die Weserburg ein Raum den ich nutzen kann. Natürlich ist er nicht ganz leicht zu bespielen, wegen der vielen Nischen – das ist mehr eine Wohnsituation als eine Galerie. Auch das Publikum ist anders. Aber ich traue meinen Arbeiten genug Eigenständigkeit zu, und auch so viel Werkwitz, dass das funktionieren kann.

Als Gastprofessor sind Sie in der Hochschule für Künste zuständig für Malerei. Aber passt das? Sind Sie nicht eher Bildhauer? Die meisten Ihrer Werke sind dreidimensional.

Ich behaupte immer noch steif und fest, dass ich Maler bin, weil ich die Dinge aus einer malerischen Perspektive denke: Ich denke mehr über Flächen und Licht nach, über Kontraste und Farben. Bildhauer kommen mehr über Material. Natürlich ist das Material auch wichtig, und man könnte bei meinen Arbeiten bestreiten, dass die Malerei im Vordergrund steht. Aber ich bleibe dabei. Das gibt mir auch die Gelegenheit, darüber zu sprechen, und aufzugreifen, welche Aspekte bei mir eigentlich im Vordergrund stehen.

Vernissage zur Ausstellung „You get icecream and I fetch some beer“ von Sebastian Dannenberg, ab 18 Uhr im Horner Eck, Friesenstraße 95