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Dürftige Indizien - 12 Jahre verlangt

Vier Duisburger Angeklagte sollen wegen angeblicher RAF-Mitgliedschaft und Sprengstoffanschlägen bis zu zwölf Jahren Knast verurteilt werden / Bundesanwaltschaft stützt sich auf dürftigste Indizien  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht hat die Bundesanwaltschaft am Dienstag gegen vier Angeklagte aus Duisburg hohe Haftstrafen beantragt. Für die Anklage gilt als erwiesen, daß alle vier Mitglieder der RAF sind. Den Angeklagten Norbert Hofmeier, Barbara Perau und Karl Heinz Thoene werfen die Bundesanwälte darüber hinaus vor, als „Kämpfende Einheit Crespo Cepa Gallende“ im August 1986 einen Sprengstoffanschlag auf die Bundesgrenzschutzanlagen in Swisttal-Heimerzheim verübt zu haben. Hofmeier soll nach dem Willen der BAW zu zwölf Jahre, Perau und Thoene zu je neun Jahren Knast verurteilt werden. Der mitangeklagte Thomas Richter gilt den Karlsruher Anklägern ebenfalls als der RAF-Mitgliedschaft überführt. Er soll darüber hinaus zusammen mit Thomas Thoene die Lebensumstände des Leiters des Aachener Fraunhofer-Instituts ausgespäht haben. Monate später war von Unbekannten ein Anschlag auf das Institut verübt worden. Für Thomas Richter beantragte die Anklage fünf Monate Knast. Mehrere Zeugen wollen Richter beim Ausspähen des Institutsleiters beobachtet haben, wobei die wichtigste Zeugenaussage durch den ehemaligen Arbeitgeber Richters widerlegt wurde. Beim Vorwurf des Sprengstoffanschlages in Swisttal-Heimerzheim stützt sich die Anklage auf dürftigste Indizien. Für die Ankläger spricht der Fund des Bekennerschreibens bei den Angeklagten ebenso für deren Beteiligung, wie die bei Durchsuchungen sichergestellten schriftlichen Anleitungen zum Bau von Zündvorrichtungen und Sprengsätzen, die in hoher Auflage in antiimperialistischen Kreisen kursieren. Daß in der Wohngemeinschaft eines Angeklagten ein Koffer mit einer Zündvorrichtung (Wecker plus angelötete Kabel) gefunden wurde, spricht laut Anklage vollends für die Tatausführung der Angeklagten. Einen konkreten Beweis für die personelle Beteiligung der drei Angeklagten an dem Anschlag konnte die BAW im Verfahren nicht präsentieren. Das gilt auch für die unterstellte Mitgliedschaft in der RAF. Die Zugehörigkeit wird allein aus dem beschlagnahmten Briefverkehr der Angeklagten, u.a. mit RAF-Mitglied Sieglinde Hofmann geschlossen. Aus den Briefen geht hervor, daß die Angeklagten sich zum „antiimperialistischen Widerstand“ zählen, daß es ihnen, wie Barbara Perau schrieb, um den „Aufbau einer revolutionären Gegenmacht gegen das imperialistische Schweinesystem“ ging. Ähnlich äußerte sich Hofmeier in einem Brief am 21.8.1986: „Das, was wir wollen, das ist die Entwicklung der revolutionären Front gegen den menschenfeindlichen imperialistischen Herrschaftsapparat, die Kämpfe der Gefangenen, der Guerilla und des politisch militanten Widerstandes wie wir uns verstehen, kommen zusammen am gemeinsamen Ziel: Revolutionäre Gegenmacht...“ Die BAW bewertet inzwischen solche Aussagen als Belege für die RAF-Mitgliedschaft.

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