Druck auf russische JournalistInnen: Gefährliches Roulette

Russische JournalistInnen sind Repressionen ausgesetzt und müssen um ihr Leben fürchten. Das belegt eine aktuelle Studie.

Zwei Männer halten ein Bild der verstorbenen Journalistin

Vor 13 Jahren wurde die russische Journalistin Anna Politkowskaja ermordet Foto: Arne Dedert/dpa

BERLIN taz | | Fast auf den Tag genau vor 13 Jahren wurde die russische regimekritische Journalistin Anna Politkowskaja vor ihrer Moskauer Wohnung mit mehreren Schüssen getötet. Die Drahtzieher der Tat wurden nie dingfest gemacht. Auch heutzutage kommt die Ausübung des Journalistenberufes im Reich von Wladimir Putin mehr denn je russischem Roulette gleich. Denn Repressionen gegen BerichterstatterInnen haben in den vergangenen Jahren stetig zugenommen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Angriffe auf Journalisten und Medienmacher in Russland“, die die Stiftung Justice for Journalists Foundation in dieser Woche vorgelegt hat. Die Stiftung mit Sitz in London wurde 2018 von dem zehn Jahre lang inhaftierten Ex-Oligarchen Michail Chodorkowski und seinem ehemaligen Geschäftspartner Leonid Newslin gegründet. Sie vergibt unter anderem Stipendien für investigative Recherchen und um Verbrechen gegen MedienmitarbeiterInnen aufklären zu helfen.

Die Studie liegt in russischer und englischer Sprache vor. Im Zeitraum von 2017 bis Ende September 2019 wurden Repressionen gegen JournalistInnen verschiedener Kategorien untersucht. So kamen 14 von ihnen zu Tode, wobei es sich in sechs Fällen eindeutig um Mord handelte.

Großes Aufsehen, auch international, erregte im Sommer 2018 der Mord an drei russischen Journalisten in der Zentralafrikanischen Republik. Bis heute liegen die Hintergründe des Verbrechens im Dunkeln. Fakten, die unabhängige Journalisten zusammengetragen hatten, ignorierten die Ermittler. Kritischen Stimmen begegnet die Staatsmacht mit den immer gleichen Methoden: Festnahmen, Verhöre, Haft, zivil- und strafrechtliche Verfolgung sowie Razzien samt Beschlagnahme von Arbeitsgeräten.

Dunkelziffer weit höher

Die Zahl derartiger Vorfälle hat sich laut Studie innerhalb des Untersuchungszeitraums von knapp drei Jahren von 70 auf 160 verdoppelt, die von Festnahmen sogar verdreifacht. Letztere Maßnahme erscheint offenbar als besonders probates Mittel, um die Berichterstattung über Proteste wie in diesem Jahr in Zusammenhang mit dem Kommunalwahlen zu unterbinden.

Auch bei Cyberattacken gegen JournalistInnen sind mit einer Steigerung von 48 Prozent satte Zuwachsraten zu verzeichnen. So berichteten Journalistinnen, die im Mai 2019 über Proteste gegen den geplanten Bau einer Kirche In Ekaterinburg berichtet hatten, von Versuchen, ihren Account auf dem Telegramm-Messenger zu zerstören.

Die Dunkelziffer in diesem Bereich dürfte weitaus höher liegen. Für viele Betroffene, so der Bericht, gehörten derartige „Störfeuer“ zu ihrem professionellen Tagesgeschäft und seien daher nicht mal mehr einer öffentlichen Erwähnung wert. Allein dieser Umstand sollte schon zu denken geben.

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