Druck auf Handlanger Teherans wächst: Washington setzt auf Sanktionen

In den USA ist die Hisbollah verboten, in Deutschland noch nicht. Die schiitischen Extremisten dürfen sogar Spenden sammeln – für friedliche Zwecke.

Demonstranten halten Plakate mit den Fotos des iranischen Revolutionsführers Ajatollah Chomeini und des libanesischen Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah hoch

Islamisten demonstrieren am Al-Quds-Tag in Berlin mit Fotos von Chomeini und Nasrallah Foto: Stefan Boness/Ipon

BERLIN taz | Es war ein qualitativ neuer Schritt, zu dem sich Washington im Juli entschied: Erstmals verhängten die USA Sanktionen gegen demokratisch gewählte Parlamentarier im Libanon. Nun stehen zwei Abgeordnete der Hisbollah, Mohammed Hassan Raad und Amin Scherri, auf der Terrorliste des US-Finanzministeriums. Die beiden seien „zentrale Figuren“ in der Organisation.

Die Hisbollah benutze sie, um die Institutionen des Landes zu „manipulieren“ und den Iran zu „stützen“. Auch Wafik Safa, ein hochrangiger Sicherheitsvertreter der Hisbollah, wurde auf die Liste gesetzt. Damit geht Washington in seiner Sanktionspolitik gegen den Iran und dessen Stellvertreter im Libanon weiter als bisher. Die USA listen die Hisbollah – anders als die EU und Deutschland – als „Terrororganisation“.

Die nun verhängten individuellen Strafmaßnahmen gegen die Abgeordneten erhöhen den Druck auf die Bundesregierung, ihrerseits tätig zu werden und die Hisbollah auch in Deutschland nach Paragraf 129b des Strafgesetzbuches zu einer terroristischen Vereinigung zu erklären. In Berlin allerdings weist bislang nichts auf ein Umdenken hin. Die Bundesregierung hält an einer umstrittenen Differenzierung zwischen einem politischen und einem militärischen Flügel der Hisbollah fest.

Auf Anfrage der taz hieß es im Auswärtigen Amt: „Terroristische Aktivitäten sind für die Bundesregierung und für die EU unter keinen Umständen akzeptabel.“ Doch die Einschränkung folgt zugleich: „Die Hisbollah ist aber zugleich ein relevanter gesellschaftlicher Faktor und ein Teil der komplexen innenpolitischen Lage im Libanon.“ Sie sei im Parlament vertreten und Teil der Regierung. Bei den letzten Parlamentswahlen 2018 war die Hisbollah mit 13 Abgeordneten ins Parlament eingezogen.

Knapp 1.000 Hisbollah-Mitglieder leben in Deutschland

Damit bleibt die Hisbollah in Deutschland legal. So können zum Beispiel Spenden für die Hisbollah gesammelt werden, solange die Gelder – zumindest offiziell – nicht für militärische Zwecke vorgesehen sind. Die knapp 1.000 Hisbollah-Mitglieder in Deutschland, die den Sicherheitsbehörden bekannt sind, müssen keine Strafverfolgung fürchten. Allerdings beobachtet der Verfassungsschutz die Hisbollah:

Die schiitisch-islamistische Hisbollah, schreibt die Behörde, stelle „das Existenzrecht des Staates Israel offen in Frage und ruft zu dessen gewaltsamer Beseitigung auf“. Mit ihrem Festhalten an einer Differenzierung zwischen politischem und militärischem Flügel der Hisbollah trotzt Berlin den immer lauter werdenden Forderungen aus den USA und Israel, die Hisbollah in Gänze zu verbieten. So hatte US-Außenminister Michael Pompeo nach einem Treffen mit Außenminister Heiko Maas (SPD) im Mai gesagt:

„Wir hoffen auf Deutschlands Hilfe dabei, die Hisbollah als eine Einheit zu betrachten und sie aus Deutschland zu verbannen.“ Auch jüdische Verbände in Deutschland sowie die FDP und die AfD drängen auf ein Verbot. Großbritannien hatte im März die Hisbollah in Gänze verboten. Als Begründung hieß es, man könne nicht mehr zwischen unterschiedlichen Flügeln unterscheiden. Dass die Bundesregierung zögert, hat aber Gründe:

Nicht nur würde sich Berlin direkte Gesprächskanäle zur Regierung in Beirut verbauen, etwa zum für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wichtigen Gesundheitsministerium. Auch ist Deutschland ein wichtiger Makler, wenn es darum geht, in Krisensituationen wie Grenzvorfällen oder Geiselnahmen zwischen der Hisbollah und Israel zu vermitteln. Die deutsche Botschaft in Beirut ist in Kontakt mit der Hisbollah.

Medienberichten zufolge sind auch Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes immer wieder zur Hisbollah gereist.

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