: Drogenbesitz freigeben
■ Paritätischer zum Drogenhilfeplan
Rechtzeitig zur Generaldebatte, die die Bürgerschaft am Donnerstag über den neuen Drogenhilfeplan '93 führen will, hat der Paritätische Wohlfahrtsverband gestern seine Stellungnahme dazu abgegeben. Kritisiert wird darin insbesondere die mangelnde Hilfe für drogenabhängige Obdachlose, Prostituierte, Strafgefangene und Kinder von Drogenabhängigen, die unzureichende Beschlußlage über finanzielle Zuwendungen an einzelne Hilfsorganisationen und schlechte Koordination der Drogenhilfe zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden.
Trotz einer Steigerung der Bremer Aktivitäten sei es nicht gelungen, das Drogenproblem einzudämmen. Eine Ursache dafür sieht der Paritätische darin, daß sich „die einzelnen Säulen der bremischen Drogenpolitik allzuoft behindern“. Insbesondere der Spagat, „bei verstärkten repressiven Maßnahmen gleichzeitig die Möglichkeit zur Annahme von Hilfsangeboten für Drogenabhängige zu erhöhen“, sei auf Kosten der Betroffenen häufig mißlungen. So gebe es nach der Zerschlagung des Drogenstrichs im Steintor überhaupt keinen festen Anlaufpunkt mehr für drogenabhängige Prostituierte. Ohne diesen Bezugspunkt sei auch die Arbeit von „Streetworkern langfristig nicht sinnvoll“.
Obowhl im Drogenhilfeplan grundsätzlich die „Entkriminalisierung des Drogenerwerbs und des Besitzes zum eigenen Konsum“ gefordert werde, zeige die Bremer Politik viel zu wenig Engagement in diese Richtung, so der „Paritätische“ in seiner Stellungnahme. Und im Hinblick auf die Prävention von Aids und Hepatitis unter Drogenabhängigen sei eine erhebliche Ausweitung der Spritzenvergabe erforderlich. So müßten „umgehend die zugesagten Spritzenautomaten“ aufgestellt werden, und im Oslebshauser Knast dringend mit der Ausgabe von sterilen Spritzen begonnen werden. Die Schätzung im Drogenhilfeplan, nach der 20-25 Prozent der Bremer Strafgefangenen drogenabhängig seien, hält der „Paritätische“ für stark untertrieben.
Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen