■ Bitte!: Drogen freigeben
Danke, Helmut Kohl! sagte die taz in einer Serie vor der Wahl. Jetzt kommt Rot-Grün, und wir lassen prominente und andere kompetente Menschen „Bitte!“ sagen. Was ist Ihr dringendster Wunsch an Rot-Grün? Warum halten Sie ihn für realistisch?
Wer anfängt, über Reformstau in der Kriminalpolitik zu sinnieren, stößt sich schnell an den Antworten, die der Staat auf das Problem harter Drogen gibt. Wo Sozialarbeiter gefragt wären, haben Kriminalisten die größten Probleme erst geschaffen. Von einer rot-grünen Regierung wünsche ich mir deshalb einen Rückzug der Kriminalpolitik. Am bedeutsamsten wäre es dabei, endlich harte Drogen an Süchtige abzugeben – kontrolliert, versteht sich. Eine Novelle des Betäubungsmittelgesetzes, die eine solche begrenzte Freigabe beinhaltet, würde vor allem eines schaffen: dem Schwarzmarkt die Kundschaft entziehen.
Damit wäre den Junkies geholfen, die sich ohnehin durch kein Verbot vom Konsum abhalten lassen. Damit wäre den Menschen geholfen, die Opfer von Beschaffungskriminalität werden. Damit wäre RichterInnen, StaatsanwältInnen, JustizbeamtInnen geholfen, die wie wir PolizistInnen jeden Tag eine Erfahrung machen müssen: Wir schaffen den florierenden Schwarzmarkt erst, der Elend und Kriminalität produziert. Die Zahl derer, die diese Mißstände beklagen, wächst seit einem Jahrzehnt beharrlich – ohne daß sich etwas ändern würde. CDU und CSU haben, zuletzt mit Blick auf den dogmatischen Teil ihrer Klientel, blockiert. Time for a change!
Hinter einer Novelle des Betäubungsmittelgesetzes verbirgt sich übrigens beträchtliches Einsparpotential. Unsere Knäste sind zur Hälfte mit Drogis belegt. Diebstähle werden zur Hälfte begangen, um sich Drogen zu beschaffen. Selbst wenn wir nur einen Teil der Ausgaben für Repression einsparen, um sie in Hilfe zu investieren, könnte Rot-Grün in der Kriminalitätspolitik sehr schnell schwarze Zahlen schreiben. Martin Herrnkind
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