Dritte Staffel „The White Lotus“: Fremdscham zum Süchtigwerden
Die dritte Staffel der HBO-Erfolgsserie „White Lotus“ setzt gekonnt in Szene, wie sich Superreiche ohne echte Probleme daneben benehmen.
![Szene aus einer TV-Serie, Menschen winken an einem Strand Szene aus einer TV-Serie, Menschen winken an einem Strand](https://taz.de/picture/7535742/14/white-lotus-1.jpeg)
Eigentlich scheint nichts die Ruhe im Luxusferienressort auf der thailändischen Insel Ko Samui stören zu können, wo es sich die oberen Zehntausend am Pool liegend, mit gesundem Essen, Yogakursen, Energiemassagen und spirituellen Einzelsitzungen gut gehen lassen. Bis Schüsse fallen und alle im Paradies um ihr Leben laufen müssen.
Die dritte Staffel der zigfach prämierten HBO-Erfolgsserie „White Lotus“ knüpft ganz unverkrampft an das bisherige Schema an. Stinkreiche Leute machen Luxusurlaub vor einer atemberaubenden Kulisse, benehmen sich die meiste Zeit daneben, suhlen sich in ihren Eifersüchteleien, behandeln das Personal herablassend und entwickeln im Lauf der Zeit regelrecht mörderische Ambitionen, wenn es um die Verteidigung ihres Reviers geht.
Das alles köchelt mit gediegenem Staraufgebot wie im Dampfkessel vor sich hin. Es endet in einem tragischen Gewaltausbruch, der ganz zu Beginn der Staffel angerissen wird. Auch wenn das nichts wirklich Neues ist, schafft es Serienmacher Mike White, das als zeitgeistiges Drama spannend und pointiert in Szene zu setzen.
Diesmal geht es unter anderem um Finanzjongleur Timothy Ratliff (Jason Isaacs), der mit Frau und erwachsenen Kindern Urlaub macht und im Laufe der Woche erfährt, dass ihm wegen krummer Geschäfte das FBI im Nacken sitzt. Er hat alles verloren und muss ins Gefängnis. Aber er schweigt sich darüber aus, während Sohn Saxton (Patrick Schwarzenegger) als Vorzeige-Sexist versucht, seinem jüngeren Bruder etwas über das Leben beizubringen. Schwester Piper (Sarah Catherine Hook) träumt davon, ein Jahr im buddhistischen Kloster zu leben.
„White Lotus“, Staffel 3, ab 17. 2. Sky
Rick (Walton Goggins) ist mit Freundin Chelsea (Aimee Lou Wood) im Hotel, will aber eigentlich eine alte Rechnung begleichen und besorgt sich eine Knarre. Drei in die Jahre gekommene „beste“ Freundinnen schwelgen in ihrer Vergangenheit und packen im Lauf der Woche alle Animositäten aus, die sich seit Jahren angestaut haben. Die Spa-Managerin Belinda (Natasha Rothwell) aus Staffel eins ist zu Besuch und trifft auf einen alten Bekannten, der ihr das Blut in den Adern gefrieren lässt und für einen vermeintlichen Mord verantwortlich sein soll.
Nicht unerheblicher Fremdschämfaktor
Wachmann Gaitok (Tayme Thapthimthong) versucht sich an die Gesundheits-Mentorin Mook (Lalisa Manobal) heranzumachen, während Christian Friedel als Majordomus den Gästen schmeichelt und das Personal autoritär in die Schranken weist.
Woher kommt die weltweite Faszination für dieses fast kammerspielartige Serienformat über die Eskapaden reicher Schnösel, die beim Zusehen mit einem nicht unerheblichen Fremdschämfaktor einhergeht?
Zwischen Frühstücksbuffet, dem Yachtausflug durch eine malerische Bucht, dem zugedröhnten Abtanzen auf einer Technoparty und den sexuellen Begehrlichkeiten im Luxus-Spa entwickelt die Serie ihre Spannungsbögen dramaturgisch ganz behutsam und schiebt sie genial ineinander.
Auch wenn „White Lotus“ in den luxuriösesten Ressorts dieses Planeten angesiedelt ist, sind die sich langsam steigernden und schließlich ausbrechenden Konflikte banal und alltäglich. Die wie im Werbefilm von der Kamera eingefangenen Slow-Motion-Bilder exotischer Pflanzen, Tautropfen in der Morgensonne und sich räkelnder Tiere, die immer wieder eingestreut werden, verleihen diesem Drama eine ganz besondere Note.
Wie das alles endet, bleibt bis zur letzten Minute spannend. Auch die dritte Staffel hat einen hohen Suchtfaktor.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär