Drei Monate nach der Terrorwarnung: Weniger Schusswaffen auf den Straßen
Demnächst sollen weniger hochgerüstete Polizisten unterwegs sein, kündigt der Innensenator an. Der Reichstag bleibt jedoch abgesperrt.
Nach der Ankündigung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), die Sicherheitsmaßnahmen gegen eventuelle Terroranschläge zu entschärfen, sollen auch in Berlin weniger Polizisten zu sehen sein. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte am Dienstag nach der Senatssitzung, dass "die sichtbare Präsenz der Sicherheitskräfte heruntergefahren" werde.
Innenminister de Maizière hatte im November vergangenen Jahres eine Terrorwarnung ausgesprochen. Seitdem waren unter anderem an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen und Flughäfen sichtbar mehr Polizisten mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen im Einsatz. "Eine Reihe von Hinweisen, die wir auf terroristische Anschläge hatten, hat sich als nicht valide erwiesen oder wurde durch Sicherheitsmaßnahmen verhindert", sagte nun Körting. "Das bedeutet für Berlin, dass wir Sicherheitsmaßnahmen bei bestimmten Objekten oder im öffentlichen Nahverkehr zurückfahren."
Gerade bei dem Objekt, wo Absperrungen für die meisten Diskussionen gesorgt haben, sollen sie aber erhalten bleiben. Rund um das Reichstagsgebäude wird nicht abgerüstet. Hier sei die Situation eine andere, da der Reichstag konkret als Anschlagsziel genannt worden sei. "Wie valide das ist, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen", gab Körting zu. Seit der Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen im November ist auch die Reichstagskuppel nicht mehr für alle Besucher, sondern nur für angemeldete Gruppen zugänglich. Für die Öffnung der Kuppel ist der Bund zuständig. Ein Sprecher des Bundestages gab gegenüber der taz an, dass vorerst "alles beim Alten" bleibe - Spontanbesucher stehen also weiterhin vor verschlossenen Türen. Auch die neu eingerichteten Kontrollen im Eingangsbereich des Abgeordnetenhauses sollen nach Auskunft eines Sprechers bis auf weiteres bleiben. Anders soll es beim Hauptbahnhof aussehen: Hier habe de Maizière deutlich gemacht, dass die Präsenz zurückgefahren werde, so Körting.
Eine generelle Entwarnung wollten aber weder der Innenminister noch der Innensenator geben. "Wir gehen davon aus, dass die Bundesrepublik Deutschland weiterhin im Fokus von Terroristen ist", erklärte Körting.
De Maizière hatte im November angegeben, Hinweise von "ausländischen Partnern" auf für Ende November geplante Anschläge in Deutschland erhalten zu haben. Ermittlungen des Bundeskriminalamtes (BKA) hätten das bestätigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag