Debatte um Innere Sicherheit: Terror spaltet Koalition

Die Antiterrorgesetze laufen zum Ende des Jahres aus. Während sich Innenminister Friedrich eine Verlängerung wünscht, gibt sich die FDP bockig.

Muss den eigenen Koalitionspartner bändigen: CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich auf einer Bundeskonferenz zur Sicherheit in München. Bild: dapd

BERLIN taz/dpa/afp | Der Streit um eine eventuelle Verlängerung der Antiterrorgesetze treibt Keile zwischen die schwarz-gelbe Koalition und führt zu Bündnissen, die man ansonsten schlecht für möglich halten könnte.

Nach der Festnahme von drei mutmaßlichen Al-Kaida-Terroristen in Nordrhein-Westfalen streitet sich der Berliner Politikbetrieb darüber, ob eine Verlängerung der Antiterrorgesetze, die in ihrer jetzigen form Ende 2011 auslaufen würden, sinnvolll sei. "Zwei externe Gutachter haben die bestehenden Anti-Terror-Gesetze geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen: Das Gros der Vorschriften ist sinnvoll und wird von den Behörden maßvoll eingesetzt", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) der Financial Times Deutschland.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnt eine pauschale Verlängerung hingegen ab. "Keine der vom Bundeskriminalamt bei der Fahndung nach den drei Männern genutzten polizeilichen Befugnisse zur Terrorismusabwehr ist auf die gesetzliche Normen gestützt, um die es in derzeitigen Gesprächen zur Verlängerung des Ergänzungsgesetzes zur Terrorismusbekämpfung geht", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Vielmehr stünden dort zusätzliche Befugnisse für die Nachrichtendienste im Mittelpunkt. In der Bundesregierung sei man sich noch nicht einig, welche der Regelungen im Anti-Terror-Gesetz nützlich und erforderlich seien, sagte Leutheusser.

FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Hombuger hingegen gab sich im "Bericht aus Berlin" (ARD) feslenfest davon überzeugt, dass es "mit Sicherheit" keine Verlängerung der Gesetze geben werde. Unterstützt wird sie dabei nicht nur von der innenpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz in der Rheinischen Post: "Verschärfungen der Anti-Terror-Gesetze wird die FDP auf keinen Fall mitmachen".

Auch der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, mahnte in der Welt zu einer differentierten Überprüfung der Antiterrorgesetze an.

Justizministerin als "Madame No"?

In der Union ist so mancher über den bockigen Koalitionspartner wenig begeistert. Innenminister Friedrich: "Ich bin gegen jeden gesetzgeberischen Aktionismus, aber wir brauchen auch keine parteitaktischen Manöver, sondern Sicherheit und Schutz für unsere Bürger vor Anschlägen."

Schärfer im Ton gab sich der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU). "Wer wie die Bundesjustizministerin schon zum jetzigen Zeitpunkt Optionen kategorisch ausschließt, kann nur ideologisch motiviert sein", sagte er der Financial Times Deutschland. Leutheusser-Schnarrenberger wolle sich einen Namen als "Madame No" machen. "Wenn es um die Sicherheit der Bevölkerung geht, ist ein solches Verhalten unerträglich", sagte Schünemann.

Teilweise Unterstützung erhällt die Union ausgerechnet von der SPD. Innenexperte Dieter Wiefelspütz sprach sich für eine Verlängerung aus. "Es spricht alles dafür, das damals von Rot-Grün entworfene Maßnahmenpaket nicht enden zu lassen." Anders als Friedrich befürworte er jedoch nicht die unbefristete Verlängerung. Auch müssten die Maßnahmen immer wieder auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.

Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel gar zu bedenken, dass die Gefahren nicht vor deutschen Grenzen halt machten. "Und trotzdem dürfen wir kein Klima der Angst in unserem Land zulassen, bei dem sich die politischen Parteien am Ende jeden Tag mit Forderungen nach schärferen Sicherheitsgesetzen überbieten."

Gabriel befürwortete die Vorratsdatenspeicherung von Kommunikations-Verbindungsdaten zur Verbrechensverhinderung und -bekämpfung und attackierte die Regierungskoalition, die sich nicht einigen könne. "Dabei geht es in diesem Streit nicht mehr um die Sache, sondern nur noch darum, dass sich Bundesminister gegeneinander öffentlich profilieren wollen."

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