Dragoner-Areal in Kreuzberg: Der Bund mischt sich ein
Das Dragoner-Areal soll zu einem Modellprojekt werden. Der Bund als bisheriger Eigentümer versucht nun aber Bedingungen zu diktieren.
Doch jetzt droht ihnen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), das Immobilienunternehmen des Bundes, einen Strich durch die Rechnung zu machen. In den geheimen Verhandlungen über die Übergabe des ehemaligen Bundesgrundstücks an das Land Berlin besteht die Bima auf einer 90/10-Regelung. Demnach müssten 90 Prozent der Grundstücksflächen an landeseigene Akteure, also Wohnungsbaugesellschaften, vergeben werden, nur 10 Prozent verblieben für Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Träger. Dies gilt für Wohn- wie Gewerbeflächen.
Enrico Schönberg von der Initiative Stadt von unten sagt: „Es kann nicht sein, dass die Bima die Bedingungen für die zukünftige Gestaltung des Dragoner-Areals diktiert.“ Mit der Forderung nach einem Modellprojekt mit einem nennenswerten Anteil gemeinwohlorientierter Akteure stehen die Aktivisten nicht allein.
Auch Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und Wohnungsstaatssekretär Sebastian Scheel (Linke) haben sich bereits dafür ausgesprochen. Der Bezirk warb bei dem für Berlin verhandelnden Finanzsenator für eine Quote von 30 bis 50 Prozent. Laut Schönberg brauchen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften „andere Partner, damit gute Quartiere entstehen“.
Jahrelang hat die Bima, ganz dem neoliberalen Dogma folgend, nichts anderes gemacht, als Grundstücke meistbietend zu verscherbeln, auch gegen die Interessen der Kommunen. Beim Dragoner-Areal wurde nach langen Streitigkeiten der Verkauf an einen Privaten rückgängig gemacht und stattdessen die Weitergabe des Grundstücks an die Stadt beschlossen – im Rahmen des im Mai 2017 ausgehandelten Hauptstadtfinanzierungsvertrages. Obwohl bis Ende Juni 2018 alles unterschrieben sein sollte, wird immer noch verhandelt.
Währenddessen hat sich für die Bima die politische Zielrichtung verändert. Im Anfang Juli beschlossenen Bundeshaushalt steht, dass sie ihre Grundstücke zukünftig an Kommunen oder deren Gesellschaften unter dem Verkehrswert verkaufen darf, wenn dies der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient. Wenn sich Genossenschaften oder andere private Akteure daran halten, ist auch die „vollständige oder teilweise Weiterveräußerung“ möglich. Eine Weitergabe an Initiativen per Erbpacht wäre damit möglich. Schönberg fordert von Berlin daher: „Wir wollen, dass nachverhandelt wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour