Dorothea Hahn über den laschen rechten Aufmarsch in Washington: Erbärmliches Spektakel
Es ist ein Anlass zur Freude: Die geplante Demonstration der Stärke, die Rechtsradikale in Washington angekündigt hatten, geriet zu einem erbärmlichen Spektakel. Dass es dazu kam, ist vor allem das Verdienst linker Gruppen, die eine beeindruckende Mobilisierung organisiert haben.
Seit dem Blutbad von Charlottesville ist ihr Bewusstsein für rechtsradikale Gefahren geschärft. Und sie haben klar gemacht, dass der Name „Alt-Right“, den sich Rechtsradikale neuerdings geben, nichts anderes ist als ein Etikettenschwindel, um Rassismus, Intoleranz gegenüber Frauen und Minderheiten sowie Gewaltbereitschaft vergessen zu machen. Zusätzlich gelegen kam, dass die Polizei sich dieses Mal angestrengt hat, weil sie das dramatische Polizeiversagen von Charlottesville wettmachen wollte.
Doch Entwarnung kann es nach Sonntag nicht geben. Denn während das Häuflein Rechtsradikaler auf dem Washingtoner Lafayette Square lächerlich wirkte, gedeihen quer durch die USA alle möglichen rechtsextremen Gruppen und Gedanken, Hassverbrechen nehmen zu. Dabei öffnen manche rechtsradikale Gruppen sich neuerdings sogar für Latinos und Afroamerikaner. Sie verstehen sich nicht mehr als weiße Nationalisten, sondern vor allem als Faschisten.
Bei ihrem Treiben bekommen die Rechtsradikalen ideologische Schützenhilfe von ganz oben. Präsident Donald Trump predigt bei jedem seiner Auftritte Hass gegen Migranten, Afroamerikaner, andere Minderheiten sowie gegen unabhängige Medien. Er lässt sich von radikal rechten Ideologen beraten und sendet immer wieder positive Signale an Rechtsradikale. Legendär ist sein Satz, es habe in Charlottesville „gute Leute auf beiden Seiten“ gegeben. Aber auch jenseits davon hat er – zum Beispiel mit der Begnadigung von bewaffneten rechten Milizionären – gezeigt, dass Rechtsradikale unter ihm freie Hand haben.
Trump hat den Rechtsradikalen zusätzliche Räume in der US-Gesellschaft geöffnet. Umgekehrt revanchieren sie sich mit Wahlunterstützung für ihn. Es ist eine gefährliche Allianz..
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen