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DopingBlut für alle

Wie der Pharmakonzern Amgen den Radsport auf Touren brachte - und das Epo-Doping zum Massenphänomen wurde.

Levi Leiphemer nach dem Sieg beim jüngsten Amgen-Rennen im Februar in Kalifornien. Natürlich ohne Epo! Oder? Bild: ap

Es ist dem US-Konzern Amgen (Applied Molecular Genetics) zu verdanken, dass die Radprofis richtig schnell geworden sind. 1989 kam Epogen auf den Markt. Es enthält das menschliche Hormon Erythropoietin (Epo), allerdings in künstlicher Form. Epo wird in der Niere produziert und regt das Knochenmark an, rote Blutkörperchen zu bilden. Diese transportieren Sauerstoff zu den Muskeln. Je besser der Transport klappt, desto leistungsfähiger ist man. Gedacht ist Epo für Nierenkranke, für Dialysepatienten oder Krebskranke mit durch Chemotherapie verursachter Blutarmut. Doch Epo wird seit 18 Jahren auch ohne medizinische Indikation verabreicht, an Gesunde. Es ist für Kollateralschäden im Ausdauersport verantwortlich. Radsportler gehören ebenso zur Klientel wie Triathleten oder Skilangläufer.

Der Umsatz von Epo ist rapide gestiegen. Mit Epogen und dem Nachfolgemittelchen Aranesp, das im Jahre 2001 auf den Markt kam, setzt Amgen Milliarden um, im vergangenen Jahr 6,6 Milliarden Dollar, knapp die Hälfte des gesamten Konzernumsatzes. Analysten der Deutschen Bank schätzen, dass sich der Umsatz bis zum Jahr 2010 noch einmal verdoppeln könnte. Gibt es also bald schon doppelt so viele Schwerkranke mit schlechten Blutwerten? Das nicht, aber Amgen und andere Epo-Produzenten wie Johnson & Johnson und Roche versuchen wohl, den Absatz auf unlautere Weise in die Höhe zu treiben. Wie berichtet wird, empfehlen sie Ärzten, höhere Dosen zu verabreichen. Auch werden, wenn man so will, neue Medizinmärkte erschlossen: Müdigkeit bei Krebspatienten wird mit Epo therapiert, sogar in der Psychiatrie soll das Hormon zur Anwendung kommen. Deswegen wird Amgen jetzt in den USA verklagt. Die US-Regierung wirft dem Pharmakonzern vor, die Dosierungen künstlich in die Höhe getrieben zu haben. Geklagt hat auch die Gewerkschaft United Food and Commercial Workers (UFCW) sowie ein Pensionsfonds aus Kalifornien. Ihnen geht es um die sogenannten Off-label-Verschreibungen, also Epo-Gaben bei zweifelhafter Indikation, und um die Nebenwirkungen des Medikaments, die erheblich sind. Epo kann zu Herz-Kreislauf-Versagen führen. Übermäßiger Epo-Konsum kann tödlich enden.

Amgen droht freilich noch mehr Ungemach. Die Gewinne könnten einbrechen. Epo wird bald wesentlich billiger, denn Generika-Firmen dürfen den Blutverdicker künftig herstellen: Sandoz, Hexal, Medice Arzneimittel Pütter und Stada, Sponsor des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), konkurrieren von nun an mit Amgen & Co. Später will auch Ratiopharm ins große Epo-Geschäft einsteigen. Die Nachahmerfirmen wollen Epo mindestens um 20 Prozent billiger anbieten. Das sollte auch die Ausdauersportler freuen, kostete eine Epo-Kur doch bislang viel Geld. Auf dem Schwarzmarkt, wo mutmaßlich und über Umwege ein Teil der ordentlich hergestellten Epo-Fläschchen landet, kostet ein Päckchen Eprex von der Firma Johnson & Johnson mit sechs Ampullen à 0,5 Milliliter sage und schreibe 389,99 Dollar. Zu haben ist die Medizin im Internet unter www.medoutlet.net oder www.fitnessmed.net. Unter der Adresse www.freewebs.com/bodybuilding_supplements ist ebenfalls Epo zu haben, sogar etwas billiger. 2.000 Einheiten kosten 360 Dollar, 4.000 Einheiten 683. Mit solchen Wucherpreisen dürfte es in Zukunft vorbei sein, da der Schwarzmarkt auf die Epo-Schwemme reagiert.

Wie eng die Verbindung der eigenen Produkte zum Radsport ist, hat Amgen erkannt. Die Firma aus Thousend Oaks in Kalifornien sponsert seit 2006 die Rundfahrt im Sonnenstaat an der Westküste. Man könnte das zynisch nennen oder aber fortschrittlich. Natürlich will Amgen den Radsport von der Geißel des Dopings befreien. Als 2006 keine Epo-Tests bei der Kalifornien-Rundfahrt stattfanden, schimpfte eine Firmensprecherin von Amgen - und sagte dann: "Wir möchten wissen, ob in unserem Rennen mit Epo gedopt wird." Das würde Christian Prudhomme auch gern wissen. Der Mann ist Chef der Tour de France. Sie beginnt am Samstag. Und Amgen ist bestimmt mit dabei. Irgendwie.

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