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Doping in DeutschlandDie Täter sind unter uns

Kommentar von Johannes Kopp

Doping? Das ist ein Problem der anderen, der Russen, sagt Sportdeutschland. Und verdrängt das Offensichtliche.

Doyen der Dopingaufklärung in Deutschland: Werner Franke aus Heidelberg Foto: dpa

Ich verachte nach wie vor den deutschen Sport.“ Wer den ruhelosen Anti-Dopingkämpfer Werner Franke kennt, wird dieser Satz, den er kurz vor seinem 80. Geburtstag am Freitag formulierte, nicht wirklich überraschen. Franke hat sich stets auf die Begebenheiten vor Ort konzentriert. Bemerkenswert ist der Satz jedoch insofern, weil der Dopingdiskurs hierzulande in den letzten Jahren häufig um ferne Länder kreiste. Sorgenvoll verfolgte man die Entwicklungen in China, Jamaika, Kenia, Äthopien und ganz besonders in Russland.

Seltsam unterbeleuchtet dagegen bleibt bislang die Rolle des deutschen Sports im Erfurter Dopingskandal, der im vergangenen Jahr aufflog. Es ist zwar von einem kriminellen Netzwerk die Rede, in dem der deutsche Sportarzt Mark Schmidt mit der Methode des Eigenblutdopings eine herausgehobene Rolle spielte. Als Kunden sind namentlich jedoch vornehmlich ausländische Sportler bekannt und an den Pranger gestellt worden. Die nach ARD-Recherchen involvierten zwei deutschen Radfahrer genießen dagegen noch den Schutz der Anonymität.

Ebenfalls fern von Russland und China wurde am Donnerstag ein spektakulärer Dopingfund vermeldet. 850 Epo-Spritzen hat die Guardia Civil in Spanien sichergestellt. Dazu anabole Steroide und Hormone. Insgesamt die größte Menge an Dopingmitteln, die jemals in Europa beschlagnahmt wurde. Die gut 250 Abnehmer sollen spanische und internationale Sportler gewesen sein – in Frankreich, Italien und Deutschland beispielsweise. Viele unbekannte Amateursportler und insbesondere Radfahrer seien darunter, aber auch Fußballer und Profisportler.

Die Ware stammt aus einem kriminellen Ring spanischer und serbischer Staatsbürger, die bereits seit knapp zehn Jahren mit dem Blutdopingmittel ihre Geschäfte machen. Vom südspanischen Cadiz aus sollen sie agiert haben, wo eine Krankenschwester über das örtliche Hospital Epo bestellte.

Epo in Mini-Dosen

Weil Epo in Minidosierungen kaum nachweisbar ist und dennoch enorm wirksam die Sauerstofftransportkapazität im Blut erhöht, erfreut es sich nach wie vor einer großen Beliebtheit. Werner Franke hat diese Woche für die Olympischen Sommerspiele in Tokio prognostiziert, dass die Betrugsversuche nicht abnehmen werden. Nur die Dosierungen würden sich eben ändern.

Wieso sollten deutsche Sportler vor solchen Versuchungen gefeit sein? Die Opfererzählungen im deutschen Sport, nach denen man sich international einem unfairen Wettbewerb stellen muss, weil in anderen Ländern so lax oder gar nicht kontrolliert wird, lassen die nach wie vor mannigfaltigen Täteroptionen außer Acht.

Die Kontrollsysteme werden auch hierzulande unterlaufen. Vielleicht können dies die Ermittler des Erfurter Dopingnetzwerkes bald doch noch illustrieren. Oder möglicherweise sind die spanischen Behörden dabei im jüngsten Fall behilflich.

Vieles wird im deutschen Sport verdrängt. Die Dressurreiterin Isabell Werth landete im vergangenen Dezember bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres auf Platz vier. Dass sie einst ihrem Pferd Whisper ein verbotenes Beruhigungsmittel verabreichen ließ und 2009 dafür eine sechsmonatige Dopingsperre erhielt, ist längst vergessen.

Mit dem für Pferde nicht zugelassene Psychopharmaka Fluphenazin, so verteidigte sich damals Werth, habe sie nur den Alltag von Whisper, der unter der Zitterkrankheit leide, erleichtern wollen. Wobei im Zweifelsfall diese Geschichte sogar Werner Franke egal sein dürfte. Für ihn stand im Kampf gegen Doping stets die perverse Ausbeutung menschlicher Körper im Mittelpunkt.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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