Doping im Radsport: Epo-Probierpäckchen für alle
Amgen setzt auf ganz miese Tricks, um sein Blutanreicherungsmittel Epo unters Volk zu bringen. Jetzt wird es für die US-Firma richtig teuer.
BERLIN | Die Masse macht’s. Epo-Hersteller Amgen ist in den USA zu einer Strafe von 762 Millionen US-Dollar wegen unerlaubten Marketings verurteilt worden.
Amgen, auch Namenssponsor der Kalifornienrundfahrt, hatte Probierpäckchen von Epo an Doktoren ausgegeben und sie ermuntert, das Blutanreicherungsmittel jenseits des von der US-Gesundheitsbehörde zugelassenen Anwendungsbereichs einzusetzen. Dies bescherte gute Verkaufszahlen – und jetzt eine hohe Strafe. Der Dopingmarkt könnte sich dabei als willkommener Mitnahmeefekt erwiesen haben.
Als „Orangensaft“ hatte einst Lance Armstrogs Dopingguru Michele Ferrari das Blutanreicherungsmittel Epo verharmlosend angepriesen. Studien aus dem Jahr 2011 – unter anderem von der Harvard-Universität und dem US-Kriegsveteranenministerium – ergaben allerdings ein erhöhtes Todesrisiko für Patienten mit hohen Epo-Dosen.
Informanten aus der Pharmabranche hatten vor Jahren schon darauf hingewiesen, dass Amgen, aber auch Konkurrenten wie Johnson & Johnson Ärzte und Apotheker mit Prämienzahlungen und Bonuspackungen zu überhöhten Dosierungen von Epo-Präparaten sowie dem Einsatz über den zugelassenen Rahmen hinaus animierten. In den USA waren Aranesp und Epogen nur für Krebspatienten vorgesehen, die sich einer Chemotherapie unterzogen hatten.
Amgen hatte aber auch gedrängt, Krebspatienten ohne Chemobehandlung Epo-Präparate zu verabreichen. Buchautorin Kathleen Sharp („Blood Medicine“) zitierte einen Pharmamitarbeiter mit der Aussage: „Einige Ärzte haben ein Viertel ihres Umsatzes allein mit Epo-Verschreibungen gemacht.“ US-Staatsanwalt Roger Burlingame sagte vor Gericht, dass „in einigen Fällen Angestellte von Amgen so massiv indoktriniert waren, dass sie nicht einmal wussten, dass das Medikament für die Anwendung, die sie vorschlugen, noch gar nicht zugelassen war“.
Das Marketing legt nahe, dass Pharmafirmen dopende Sportler nicht unlieb sein dürften. Bei der jüngsten Kuschelinitiative mit der Weltantidopingagentur Wada – es wurde eine Kooperation der Hersteller mit den Dopingjägern beschlossen – kritisierte Wada-Generalsekretär David Howman gegenüber der taz den mangelnden Aufklärungswillen der Pharmafirmen bei Abflüssen von Medikamenten in den Dopingschwarzmarkt. Vielleicht bewirkt die Strafzahlung einen Mentalitätswechsel.
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