Donald Trump flippt aus: Ein stabiles Genie

Donald Trumps Pressegespräche waren schon immer von erratischen Ausbrüchen geprägt. Eine Konferenz mit dem finnischen Präsidenten sprengt selbst das.

Donald Trump mit weit geöffnetem Mund. Er scheint zu schreien

US-Präsident Trump fiel durch wutverzerrtes Gesicht und nervöses Kopfzucken auf Foto: ap

NEW YORK taz | Ausländische RegierungschefInnen sollten Treffen mit Donald Trump im Oval Office künftig unbedingt vermeiden. Denn dort könnten sie, wie der finnische Präsident Sauli Niinistö am Mittwoch, in hochnotpeinliche Situationen hineingezwungen werden. Der Finne hockte mit gequältem Gesicht auf seinem gelben Polstersessel, während neben ihm Trump mit wutverzerrten Gesicht und nervösem Kopfzucken Unflätigkeiten gegen DemokratInnen und JournalistInnen austeilte und seinem Gast übergriffig auf das Knie klopfte. Niinistö durchsuchte den Raum mit Blicken nach Fluchtmöglichkeiten und rückte immer weiter von Trump ab – bloß die Armlehne seines Sessels hielt ihn zurück.

Das bevorstehende Amtsenthebungsverfahren im Repräsentantenhaus hat Trump offenbar jede Contenance genommen. In einem selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlich wilden Auftritt, nannte er den Chef des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, am Mittwoch einen „Penner, der zum Rücktritt gezwungen werden sollte“. Und fügte eine Bemerkung hinzu, die vermutlich ein Männerwitz sein sollte: Der „schlaue Schiff“ könne nicht einmal den Penisschutz seines Außenministers Mike Pompeo tragen.

Ebenfalls im Beisein von Niinistö beschimpfte Trump die Medien: „Ich sage nicht mehr Fake News, sondern korrupte News“ und bezeichnete JournalistInnen erneut als die „wahren Staatsfeinde“. Er zog auch über den ehemaligen Vizepräsidenten und demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden her: „Er und sein Sohn sind noch nie clever gewesen. Sie sind korrupt.“ Selbst zu dem Land seines Gastes fielen dem US-Präsidenten nur die eigenen heimischen Querelen ein, um die seine Gedanken nunmehr ausschließlich kreisen. Auf die Frage, wie er erkläre, dass Finnland so glücklich sei, antwortete er: „Sie haben keine Nancy Pelosi und keinen Adam Schiff.“

Bei der anschließenden förmlichen Pressekonferenz im Stehen setzte Trump die Tiraden fort. Zwar pries er seinen Gast aus Finnland als „Mann weniger Worte“ und fügte hinzu: „So mag ich es.“ Doch gleich darauf versprühte er selbst wieder jede Menge verbalen Gifts.

Der finnische Präsident Sauli Niinistö

„Mr. President, Sie haben hier eine große Demokratie. Halten Sie sie am Laufen“

Trump nannte erneut das Telefonat, bei dem er den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski darum gebeten hatte, Dreck über seinen potenziellen Gegenkandidaten Biden zu suchen, ein „perfektes“ Gespräch. Trump behauptete auch, dass er seine Worte „sorgfältig“ auswähle und sagte, wie schon bei früheren Gelegenheiten, dass es Leute gebe, „die mich für ein stabiles Genie halten“. Kurz nachdem eine Journalistin ihn mit der ruhig formulierten Frage in die Enge trieb, worum er denn dieses Mal den finnischen Präsidenten gebeten habe, bellte Trump in den Raum: „Stellt gefälligst diesem Gentleman eine Frage.“ Während er das laut und wütend sagte, gestikulierte er mit ausgestrecktem Zeigefinger.

Niinistö, der bis dahin ein diplomatisches Pokerface gezeigt hatte, reagierte mit hörbarem Kichern. Dann berichtete er von seinen Museumsbesuchen in Washington und gab folgenden Rat, mit dem er alles was Trump zuvor gesagt hatte in den Schatten stellte: „Mr. President, Sie haben hier eine große Demokratie. Halten Sie sie am Laufen.“

Unmittelbar nach dem borderliningem Auftritt tweeteten Landsleute von Trump, dass der finnische Präsident wie ein netter Typ wirke. Manche schickten auch E-Mails mit Entschuldigungen nach Finnland.

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