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Dominik Baur über Horst Seehofers unklare StrategieEin Mann, ein Rätsel

Was will Horst Seehofer? Die Wege kaum eines deutschen Politikers sind so unergründlich wie die des bayerischen Ministerpräsidenten. Er selbst befördert dieses Image gern. Auch jetzt wieder bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon, mit der die Christsozialen ins Wahljahr starten. Eigentlich wäre nun der Zeitpunkt, einen Schlussstrich unter den Streit mit der CDU zu ziehen. Stattdessen zündelt Seehofer weiter gegen die Schwesterpartei: Erneut stellt er das Treffen der Parteipräsidien Anfang Februar in Frage und bekräftigt seine Drohung, nach der Bundestagswahl in die Opposition zu gehen, falls im Koalitionsvertrag keine Obergrenze stehe.

Seehofer ist ein Polit-Chamäleon. Je nach Anlass tritt er moderat oder aggressiv auf. Er beschwört seine Koalition mit dem Bürger, aber verwahrt sich gegen den Vorwurf des Populismus; er betont die Gemeinsamkeiten mit der CDU und setzt dennoch vornehmlich die angeblich so wenigen Differenzen in Szene. Die Attacken gegen Merkel tut er dann als die normalen Spannungen zwischen den Unionsparteien ab. Vor allem die Bundestagsabgeordneten beider Parteien ringen um eine Lösung des Schwesternstreits, bei der Seehofer sein Gesicht wahren kann. So wäre der Vorschlag von Stefan Mayer (CSU) und Armin Schuster (CDU) einer variablen Obergrenze ein gangbarer Weg. Ob Seehofer bereit ist, solche Offerten anzunehmen, ist fraglich. Seine Devise scheint zu sein: Die CDU wird schon einlenken – zumindest so weit, dass man es in Bayern als Einlenken verkaufen kann.

Mit keinem Wort erwähnt der CSU-Chef, was denn werde, wenn auch die Kanzlerin hart bleibt. Hat Seehofer einen Plan B? Gar eine Strategie? Man weiß es nicht. In jedem Fall ist es ein gefährliches Spiel. Seehofer riskiert dabei nicht nur die Einheit der Union, sondern nimmt in Kauf, die gesamte Parteienlandschaft zu beschädigen – so sehr, dass darauf radikale Kräfte noch besser walten können als bisher.

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