Dominic Johnson über Wahlabsage und Proteste im Kongo: Ratlosigkeit allerorten
Es grenzt an Verzweiflung, wenn in einem Land am politischen Abgrund die Opposition zu Demonstrationen aufruft, zu denen nicht einmal ihre Führer selbst auftauchen, und gegen etwas protestieren, was schon längst als unabänderliche Tatsache bekannt ist. Nein, es wird dieses Jahr keine Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo mehr geben, obwohl das Ende letzten Jahres feierlich vereinbart worden war. Natürlich ist auch das Wahlregister jetzt nicht fertig, wie einst geplant.
Die Menschen im Kongo wissen das längst. Sie brauchen dafür keine Politiker. Sie sehen um sich herum ein Land, in dem das Leben immer schwerer wird. Willkür und Gewalt breiten sich aus, die Zahl der Kriegsflüchtlinge ist auf Rekordniveau, die Landeswährung verfällt, es gibt keinen handlungsfähigen Regierungsapparat. Und wenn es um die Umsetzung politischer Vereinbarungen geht, gibt es nie Einigkeit zwischen den Akteuren auf der politischen Bühne von Kinshasa: Sie überbieten sich gegenseitig mit nationalistischen Sprüchen, sie sprechen sich gegenseitig die Legitimität ab, sie verheddern sich lustvoll in undurchsichtigen Formalstreitereien – sie tun alles, außer Probleme zu lösen.
Kein Wunder, dass auch auf internationaler Seite Ratlosigkeit herrscht. Das Misstrauen gegen die Herrscherclique um Präsident Joseph Kabila ist immens, aus guten Gründen. Vertrauen genießt demgegenüber niemand, weil niemand mehr die Möglichkeit im Kongo hat, sich als kompetenter Politiker zu beweisen und eine überzeugende Alternative zu verkörpern. Der Kongo versinkt in seinem eigenen Schlamassel.
Ein Land mit 80 Millionen Einwohnern im Herzen Afrikas, mit einigen der reichsten Rohstoffvorkommen und ärmsten Bevölkerungen der Welt, kann man eigentlich nicht in einem solchen Zustand belassen. Früher oder später explodiert der Kessel. Aber noch hat niemand eine Idee, wie man ihn vom Feuer holen könnte, ohne sich dabei zu verbrennen.
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