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Dollars statt Deutschmark

Mythos Highway: Die Hamburger Country-Noiser „Das Weeth Experience“ touren derzeit an der kalifornischen Westcoast  ■ Von Michael Hess

Für viele ist es Rock 'n' Roll schlechthin. Einmal als Band in den USA spielen, einmal hinter einem dieser Gitter stehen, die vor den Flaschen und faulen Eiern durchgedrehter Rednecks schützen, und einmal bei der Gage nicht in Deutschmark, sondern in Dollar beschissen zu werden.

Die Jungs von Das Weeth Experience sind gerade dabei, einige dieser Erfahrung zu sammeln. Ihre erste Westküstentour sehen die drei Hamburger Musiker jedoch eher prosaisch: „Wir spielen überall dort, wo man uns hinstellt“, antwortet Sänger und Gitarrist Chris-tof Jessen auf die Frage nach dem Gefühl, vorgestern noch in der berühmten Garage in Los Angeles gespielt zu haben. Ein langgezogenes Gähnen beantwortet dann die zweite Frage. Es ist gerade zehn Uhr morgens in San Francisco, und die Band hat sich noch nicht ganz von ihrem gestrigen Auftritt erholt. Mushroom, die neue Band des Neo-Folk-Impresarios Pat Thomas, spielte als Support, und irgendwas hat mit dem geborgten Schlagzeug von Subtle Plague nicht geklappt. Zwei Wochen USA bedeuten neben Autofahren auch ein paar hilfreiche Telefonnummern zu kennen. An lustige Anekdoten mag sich Jessen dennoch nicht erinnern.

Die Konzerte beginnen in der Regel früh, immerhin sind es fast jeden Abend fünf Bands, die sich um die Gunst des Publikums prügeln. Aber vor allem um die herrumschwirrenden A&Rs, deren offene Ohren die Zukunft bedeuten könnten. „In L.A. gibt es über 2.000 Rock-Bands, die alle nur darauf warten, gesignt zu werden und deswegen alle gleich klingen,“ verrät Jessen unbekümmert. „So haben wir aber meist recht einfaches Spiel. Uns scheint es hier nicht zu geben.“

An dieser Stelle sei angemerkt, dass Das Weeth Experience in Deutschland vom Ruf verfolgt wird, die amerikanischste Musik diesseits des Hudson zu spielen. Tatsächlich kreisen die Metaphern und Bilder immer wieder um den Mythos Highway, um das Geheimnis des Fahrens ohne jemals anzukommen. Dazu bewegt sich das Trio bereitwillig im Spannungsfeld zwischen Neil Young, Yo La Tengo und vor allem Giant Sand. Nach fünf Jahren Arbeit und drei Alben hat man so einen Weg gefunden, Gitarrenmusik der Neunziger für sich zu definieren.

Das Ergebnis ist verblüffend, auch was die Resonanz in den USA anbelangt, werden dort seltsamerweise vielmehr die deutschen Einflüsse herausgehört, durch die die Band im gleichen Maße geprägt ist. Von Can, Neu! über La Düsseldorf reicht der elektronische Stammbaum bis Mouse on Mars, an deren digitalen Texturen sich Das Weeth Experience manchmal zu orientieren scheint. Nur halt eben analog.

Den Ausrichtern der jährlich stattfindenden Messe South-By-South-West in Austin/Texas blieb das nicht verborgen. Von den Hamburger Bands bekamen Das Weeth Experience als erste ihre Einladung dorthin, so dass man bereits vergangenen März Wüstenluft schnuppern konnte. Und selbst die Russen kümmerten sich im Juli rührend um ihre Gäste aus der (fast)amerikanischen Zone. Wie Popstars wurden Das Weeth Experience während eines Kaliningrader Rock-estivals unter Personenschutz gestellt. In L.A. wäre das wohl nötiger. „Im Garage wurde ein Tag zuvor jemand erschossen“, erzählt Jessen unaufgeregt, immer noch auf der Suche nach einer schönen Anekdote. „Ach ja“, fällts ihm dann doch ein, „In L.A. trafen wir die Jungs von Bevis Front und tranken ein paar Bier.“

Na, das beruhigt zumindest die Daheimgebliebenen. Auch an der sonnigen Westküste ist der Touralltag manchmal grau.

aktuelles Album: „Aural Scenic Drive“, Strange Ways/Indigo

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