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■  Dokumentation„Daß man alle braucht, um die Welt in Gang zu bringen ...“

Kommuniqué von Subcomandante Marcos, 13. 2. 98

Es war eines Morgengrauens im Dezember in den Bergen. Ich wachte gerade über die Rauchspiralen aus meiner Pfeife, als sich aus einem nahe stehenden Baum eine Erscheinung löst, halb Nebel, halb Schatten. Müden Schrittes tritt sie an meine Seite und sagt: „Die Weisheit besteht nicht darin, viele Sachen zu kennen oder viel von einer Sache zu kennen.“

Ich zittere. Ein wenig wegen der Kälte, vor allem aber wegen dem, was ich vernommen hatte. Und auch wegen der Überraschung, mit der ich den alten Antonio wiedererkannt habe. Ich tat, was ich in diesen Fällen immer mache: Ich rieb mir die Knie, knabberte an der Pfeife und äußerte ein weises „mmh“. Der alte Antonio setzte sich neben mich, und aus seinem Murmeln entstand die Wärme und Farbe der: Geschichte des einen und aller

Es war einmal eine Zeit, in der es noch keine Zeit gab. Wie ein Morgengrauen, weder Nacht noch Tag. Es war die Zeit, in der die größten Götter lebten, die allerersten.

Und diese größten Götter wurden nicht weise und groß geboren. Eher klein waren sie und wußten nicht viel. Dafür redeten und redeten sie. Reines Geschwätz waren diese ersten Götter. Redeten immer alle zur gleichen Zeit, und keiner verstand nichts vom anderen. Aber da gab es einen Moment, als alle still waren zur gleichen Zeit. Dann sprach einer von ihnen und sagte, zu allen und zu sich selbst, daß das gut sei, daß, wenn einer redet, die anderen nicht redeten. So daß der eine, der redete, sich hören konnte und die anderen ihn auch hören konnten, und daß am besten einer nach dem anderen reden sollte.

Und so sagen die ältesten unserer Ältesten, daß dies das erste Abkommen der Geschichte war: nicht nur zu reden, sondern auch zuzuhören. So schauten die Götter in die Ecken dieses Morgengrauens und wurden gewahr, daß aus jedem Eckchen Wahrheiten gesprochen wurden und daß einer allein gar nicht in alle Ecken hineinhören konnte, und so teilten sie sich auf, dem Morgengrauen zuzuhören.

Und so sahen die allerersten Götter, daß der eine notwendig war, um zu lernen und zu arbeiten und zu leben und zu lieben. Aber sie sahen auch, daß der eine nicht genug war. Sie sahen, daß man alle brauchte, um die Welt in Gang zu bringen. Und so kam es, daß die ersten Götter ganz schön weise wurden. Nicht, weil sie viele Dinge wußten oder weil sie viel von einer Sache wußten. Sondern weil sie verstanden, daß der eine und daß alle notwendig und ausreichend sind.

Der alte Antonio geht davon. Ich blieb, wartend. Wartend, wie man auf das Meer oder den Weizen wartet. Wissend, daß sie kommen werden ... weil sie nie gegangen sind.

Aus dem Spanischen von Anne Huffschmid

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