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Doch noch Bußgeld für MaskenverweigererAuch ein Senat muss irren dürfen

Ende April meinte Michael Müller, soziale Kontrolle könnte Bußgelder ersetzen. Jetzt bessert Rot-Rot-Grün bei der Maskenpflicht in Bus und Bahn nach.

Regierungschef Müller (SPD) setzte über mehrere Wochen auf soziale Kontrolle statt Bußgelder. Foto: dpa

A uch Politiker dürfen irren, genau wie Virologen – sie müssen bloß dazu stehen. Das hat Berlins Regierung am Dienstag getan. „Soziale Kontrolle“ sollte nach Willen von Regierungschef Michael Müller eine Bußgeldandrohung ersetzen, als sein rot-rot-grüner Senat Ende April die Maskenpflicht für Bus und Bahn beschloss. Der Grundgedanke war ja so pragmatisch wie von einem positiven Menschenbild geprägt: Man könne nicht 3,7 Millionen Berliner permanent mit Polizisten kontrollieren, die Leute müssten den Schutz vor Corona auch selbst wollen – wiederholt war das von Müller und Innensenator Andreas Geisel (beide SPD) zu hören.

Und natürlich wäre es schön, wenn jeder und jede sich menschenfreundlich und verantwortungsvoll verhielte und mit einer Maske andere schützte, selbst wenn man oder frau sich selbst jung und unverwundbar wähnte. Leider klappt das zunehmend nicht. Bis zu einem Viertel der Fahrgäste, heißt es, seien inzwischen ohne Mund-Nase-Schutz unterwegs – und sind damit potenzielle Gefährder für andere. Die von Müller gewünschte „soziale Kontrolle“, also irgendwas zwischen dezentem Hinweis und Anraunzer, funktioniert nicht.

Wobei dieser Ansatz sowieso grenzwertig war: Was ist denn die Folge, wenn selbst die heftige Form des Anraunzers nichts bringt? Handgreiflich werden? Also: Gewalt anwenden? „Senat drückt sich vor Konsequenz“, kommentierte die taz damals. Nein, es funktioniert nicht. Es war ein Versuch, der gescheitert ist, jetzt kommt also die Alternative, das Bußgeld. Dafür muss der Senat nun nicht in Sack und Asche gehen – Müller und Kollegium müssen sich genauso korrigieren dürfen wie Virologen und andere Wissenschaftler, die ihre Empfehlungen nach neueren Erkenntnissen ebenfalls anpassen: Ihre Annahme von breitem verantwortungsvollen Handeln war schlicht zu optimistisch.

Schlecht wäre bloß gewesen, wenn der Senat zum Umsteuern nicht bereit gewesen wäre, wenn die Grünen und die Linke noch länger darauf beharrt hätten, die Sache ohne Bußgeld regeln zu können – gerade angesichts der aktuell stark steigenden Infektionszahlen. Denn jeder und jede in diesem Land hat nicht nur die Pflicht, andere nicht zu gefährden – da gilt quasi fachübergreifend Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung: „gegenseitig Rücksichtnahme“ –, sondern auch ein Anrecht auf Schutz. Oder genauer gesagt: dass der Staat diesen Schutz zumindest versucht durchzusetzen. Und ja, es könnte vorkommen, dass die Polizei renitente Maskenverweigerer aus den Bahnen holt, festhält, Personalien aufnimmt, und zwar mit Gewalt – legaler Gewalt aus dem ihr übertragenen Gewaltmonopol des Staates. Nur mit netten Worten geht es eben leider nicht.

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