piwik no script img

Dissens bei FrauenquoteSchröder macht die Madame Non

Familienministerin Schröder trifft ihre französische Kollegin Bachelot und will Einigkeit im Streben nach Geschlechtergerechtigkeit zeigen. Eine feste Frauenquote soll es jedoch nicht geben.

Beim gemeinsamen Chatten: Familienmisterin Kristina Schröder (re.) und ihre französische Kollegin Roselyne Bachelot-Narquin (li.). Bild: reuters

BERLIN taz | Innig und vertraulich zeigten sich die beiden Frauen. Schließlich habe man doch das gleiche Ziel in Sachen Geschlechtergerechtigkeit. Dabei hat die eine, Roselyne Bachelot, Sozialministerin aus Frankreich, gerade die 40-Prozent-Quote für alle größeren Unternehmen ihres Landes durchgekämpft. Während die andere, Kristina Schröder, Familienministerin in Deutschland, noch nicht einmal weiß, ob sie ihre Lösung einer verordneten Freiwilligkeit durchbekommt. Sind halt unterschiedliche Kulturen, sagte CDU-Politikerin Schröder bei einem Treffen der beiden im Bundesfamilienministerium.

Seit Januar treibt der Streit um den Frauenanteil in Führungspositionen Kristina Schröder um. Es ist ein Streit in der eigenen Fraktion, mit dem Koalitionspartner, mit der Wirtschaft. Für ausreichend Zündstoff braucht man nicht einmal die Opposition bemühen, denn QuotenbefürworterInnen gibt es inzwischen auch bei den Konservativen genug.

Rita Süssmuth träumt von einer 50-Prozent-Quote, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ingrid Fischbach hält mittelfristig eine gesetzliche Quote für geboten, und Ursula von der Leyen ist sowieso dafür.

Wenn es aber nach Angela Merkel geht, und die ist schließlich die Kanzlerin, dann ist eine gesetzliche Verpflichtung ganz vom Tisch, und die in den letzten zehn Jahren erfolglos betriebenen freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft werden fortgesetzt.

So kam es Kristina Schröder vermutlich wenig gelegen, gerade jetzt der Presse traute Einigkeit mit ihrer französischen Kollegin vorzuführen. Denn Roselyne Bachelot hat in Sachen Geschlechtergerechtigkeit eine weitaus positivere Bilanz zu präsentieren.

Im Januar hat das französische Parlament ein Gesetz verabschiedet, nach dem Großunternehmen von 2017 an 40 Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzen müssen. Bereits ab 2014 gilt eine Mindestquote von 20 Prozent. Betroffen sind rund 2.000 Unternehmen.

Sowohl Frankreichs Konservative unter Präsident Nicolas Sarkozy als auch die oppositionellen Sozialisten hatten das Vorhaben unterstützt und sich damit gegen die mitregierenden Zentrumsdemokraten durchgesetzt. "Ich werde das jetzt auch für den öffentlichen Bereich angehen", sagte Bachelot bei ihrem Treffen mit Schröder am Donnerstagabend in Berlin.

Die deutsche Frauenministerin beharrt derweil auf ihrer flexiblen Quotenlösung und will noch bis Ende März einen Stufenplan vorlegen. Bis zur nächsten Welle der Aufsichtsratswahlen im Jahr 2013 sollen Großunternehmen demnach ihren Frauenanteil in den Vorstandsetagen von derzeit 10 auf 30 Prozent erhöhen. Gelingt das nicht, sollen sich die Unternehmen selbst eine Quote aussuchen, die müssten sie dann aber auch wirklich bis 2018 erfüllen.

Mit dem Weg in Frankreich ließe sich das nicht vergleichen, sagte Schröder. Schließlich gebe es dort eine andere Rechtskultur, andere politische Konstellationen und vor allem bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten als in Deutschland.

Deutschland steht also in Sachen Geschlechtergerechtigkeit ohnehin schlechter da als Frankreich - und betreibt dazu noch eine laschere Politik. Auf die Frage, ob die deutsche Lösung ihrer Meinung nach ausreicht, sagte Ministerin Bachelot: "Wir sind in Frankreich wesentlich konfliktbereiter und greifen auch mal zu Mitteln des Zwangs." Aber da herrsche in Deutschland eben eine andere Kultur.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Q
    Querulant

    @ Supermicha

     

    "Wir sind also die jenigen die unsere Gesellschaft reproduzieren und verdienen dafür einen Arschtritt!?"

     

    Warum ist dann die Geburtenrate in Deutschland seit Jahren rückläufig? So gesehen kommt ihr ja nicht mal dieser Pflicht nach... braucht ihr vielleicht ein paar Anreize? Vielleicht das Mutterverdienstkreuz?

  • N
    NaBoHi

    Dass keine Frauen in den Vorständen sitzen liegt daran, dass sich die Vorstände die Klinke doch gegenseitig in die Hand drücken.

    99% der Männer sind von diesen Posten genauso ausgeschlossen wie 99,9% der Frauen. Das ist ungerecht, aber nicht geschlechtsspezifisch !

  • FB
    Franz Beer

    Kann ja einfach nur Dumm sein das man sein eigenes Geschlecht von teilen der Gesellschaft ausschließt.Also Ich bewundere Frauen die die Frauenbewegung ins Leben gerufen haben von 1900-in den 60-70er Jahren. Diese Foderung sagt absolut indirekt das das Patriachat bitteschön weiterbestehen soll. Warum? Was ist Gerechtigkeit .Frauen die für die gleiche Arbeit weniger verdienen.Die erst garnicht eine Entscheidungsbefugnis haben -sollen.Soll das alte Frauenbild-am Herd wiederkommen.?Konservativ-gleichzusetzen mit der bewahrung konservativer Werte-Stillstand.Und Rückschritt um 50 Jahre.Toll

  • N
    NormalBürger

    "Schließlich habe man doch das gleiche Ziel in Sachen Geschlechtergerechtigkeit"

     

    Sieht so "Geschlechtergerechtigkeit" aus, Frau Heim ?

    Warum wird immer nur das Sahnehäubchen gefordert, warum nicht mal bei der Müllabfuhr, KFZ-MechanikerInnen...etc. ?

     

    Es geht hier nicht um Gerechtigkeit, es geht nur noch um weiter Vorteile nur für Frauen zu etablieren. Der Normalbürger durchschaut das aber mittlerweile und er wird es nicht mehr so einfach durchwinken wie noch vor 10 Jahren.

  • M
    MatzeJ

    Seit Jahrzehnten wurde nie eine Frauenquote bei Zwangsdiensten, unter Tage, bei der Müllabfuhr oder bei gefährlichen Militäreinsätzen im Ausland gefordert. Dagegen wird immer auf die verlogenen 23 Prozent geringerem Lohn für "gleiche" Arbeit gepocht, was mittlerweile (wie so viele andere Politikerwahrheiten auch) vom statistischen Bundesamt ins Reich der Fabel verwiesen wurde. So langsam müsste doch den FeministInnen mal die Rosinenpickerei peinlich werden?

  • S
    Supermicha

    Das ist so schade! Wir haben eine Kanzlerin, die sich nicht für ihre Frauen einsetzt und wir haben Frauen die sich nicht trauen ihre Rechte einzufordern. Wenn man bedenkt dass Frauen bessere Abschlüsse machen ist es schon verwunderlich dass sie ihren Wert nicht verteidigen möchten. Wir verdienen immer noch deutlich weniger als Männer- die Begründung ist immer die gleiche: Wir bekommen ja irgendwann Kinder und es lohne sich daher nicht in uns zu investieren. Wir sind also die jenigen die unsere Gesellschaft reproduzieren und verdienen dafür einen Arschtritt!? Wir sind die Gesellschaft- auch wir Frauen!! Warum haben wir so wenig Selbstbewusstsein?