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Diskussion um ZuschussrenteVon der Leyen gesteht Fehler ein

Ihre Zuschussrente kann nur ein kleines Teil des Rentenproblems lösen, sagt die Bundessozialministerin. Auch CSU-Chef Seehofer steigt jetzt in die Debatte ein.

Wie lässt sich die Rente fair finanzieren? Bild: dpa

BERLIN dapd | Nach der wachsenden Kritik an ihren Plänen für eine Zuschussrente räumt Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein, dass damit nur ein kleiner Teil des Rentenproblems gelöst werden könnte.

Sie verstehe, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) diesen Teil auf zehn Prozent beziffere, sagte von der Leyen am Donnerstag in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Diese zehn Prozent seien aber „der erste, dringendste Schritt“, der die Gerechtigkeitsfrage für Geringverdiener löse und Mütter besserstelle. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte derweil eigene Vorschläge im Kampf gegen die drohende Altersarmut an.

„Wir werden die nächsten Wochen nutzen, uns auch innerhalb der CSU konzeptionell mit dieser Frage zu beschäftigen“, sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Dem Plan von der Leyens für eine Zuschussrente für Geringverdiener, lehnte Seehofer ab. Er habe „Probleme damit, dass die Rentenversicherung unterschiedliche Einkommen in der aktiven Erwerbsphase ausgleichen soll“.

Der CSU-Vorsitzende strebt noch vor der nächsten Bundestagswahl eine möglichst parteiübergreifende Lösung an. „Das Thema liegt jetzt auf dem Tisch, und es wird in den nächsten Monaten nicht einfach in die Schublade zu legen “, sagte er. „Je bessere Antworten man darauf findet, desto wahrscheinlicher ist es, dass es dann nicht ein Mittelpunktthema des Wahlkampfes wird.“

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, zeigte sich zuversichtlich, im Streit um die Rentenpläne von der Leyens zu einer von der Koalition getragenen Lösung zu kommen. „Wir werden eine gute Lösung finden“, sagte er in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Man sei sich einig, dass Arbeit und Vorsorge zu einem Altersbezug führen müsse, der über der Grundsicherung und über dem von Menschen liegt, die nicht arbeiten. Allerdings sei von der Leyens Idee von der Zuschussrente „nicht der beste Vorschlag“. Ihr Modell schaffe „Ungerechtigkeit im System der gesetzlichen Rente“ und sei „zulasten der Jungen finanziert“.

Sofortplan gegen Altersarmut

Der Sozialverband Deutschland fordert die Bundesregierung zu einem Sofortplan gegen drohende Altersarmut auf. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Verbandspräsident Adolf Bauer, es sei unfassbar, dass der Prognose zur Altersarmut jetzt nur Vertröstungen auf ein unbestimmtes Ende folgen sollten. Wenn am Ende des monatelangen Rentendialogs „eine Nullnummer steht, werden wir das der Politik nicht durchgehen lassen“, warnte er.

Die Bundesregierung stehe im Wort und müsse ihren Ankündigungen vor Beginn des Rentendialogs nun auch Taten folgen lassen. Zunächst müsse die Absenkung des Rentenniveaus gestoppt werden, sagte Bauer. Zudem fordert der Verband eine Rückkehr zur Lohndynamik der Renten. Allerdings lehnte auch Bauer die Zuschussrente als „untauglich im Kampf gegen die Altersarmut“ ab.

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, forderte von der Leyen unterdessen auf, ein Konzept für die Mütter-Rente vorzulegen. „Die Einführung besserer Rentenleistungen für ältere Mütter muss im Zentrum unserer Strategie gegen Altersarmut stehen. Wir müssen die Gerechtigkeitslücke zwischen jüngeren und älteren Müttern schließen“, sagte Hasselfeldt der Rheinischen Post. Sie fügte hinzu: „Ich gehe davon aus, dass das Arbeitsministerium eine Berechnung vorlegt, wie wir die Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, besserstellen können.“

Die Verbesserungen für ältere Mütter in der Rente seien eine „systemkonforme und zielgerichtete Maßnahme“, sagte auch die Chefin der CDU-Frauenunion, Maria Böhmer. „Eine Rentenreform ohne eine bessere Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten von Müttern, die künftig in Rente gehen, ist für die Frauen Union undenkbar.“

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6 Kommentare

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  • G
    GWalter

    Ursula von der Leyen und der Schnellschuss mit der Zuschussrente

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    Man kann mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass uns hier ein Schauspiel aufgetischt wird und in Wahrheit die Lobby (Beamtenbund, Berufständische Altersversorgungen und andere Akteure) hinter dieser von der Leyen stecken.

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    Hier soll schnellstens eine Billiglösung installiert werden, bevor es zu einer breiten Diskussion kommt.

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    Eine Diskussion, die schon lange fällig ist und die lautet:

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    Kann es sich eine Demokratie und Sozialstaat leisten eine MEHRKLASSENGESELLSCHAFT bezüglich der Alterversorgung zu haben !!??

    Arbeitnehmer zahlen lebenslang und bekommen die geringste Rente, Beamte zahlen nichts und erhalten 72 % ihres letzten Gehaltes, von den üppigen jährlichen Erhöhungen ganz zu schweigen.

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    Die Politiker bekommen gar für ein paar Jahre Parlamentsalltag eine königliche Pension, für die Andere ein ganzes Leben schuften müssen und die Freiberufler sind auch sehr gut aufgestellt.

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    Warum, in Gottes Namen, hört man eigentlich nur im Zusammenhang mit der RENTE immer wieder das Wort DEMOGRAPHIE ????

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    Merkwürdigerweise werden scheinbar nur die Arbeitnehmer und Rentner älter, Beamte, Politiker und Freiberufler bleiben immer jung und haben ausreichenden Nachwuchs !!!???

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    Die Angst geht um bei den Beamten, Politikern und Freiberuflern, dass sie nämlich mit ALLEN ANDEREN SOLIDARISCH sein sollen...wie in der Schweiz !!

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    Aber wer von denen an die Schweiz denkt, der denkt nur an das Konto in der Schweiz um dort keine Steuern zahlen zu müssen.

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    Es wird Zeit, dass das Volk aufwacht und endlich die SOLIDARITÄT DES GESAMTEN VOLKES fordert ....und das heisst:

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    FÜR ALLE EINE GLEICHARTIGE RENTE, NACH GLEICHER FORMEL GERECHNET....Hoffentlich AUCH DIE 72 % !!!

  • B
    Brandt

    Ein großes Problem bei der Rentenreform ist auch die wissenschaftliche Debatte. Es wird dort von einem rationalen Akteur in einer Modell-Welt ausgegangen.

     

    Die Optionstheorie berechnet das optimale Rentenalter durch die Aufsummierung der Renteneinzahlungen minus Rentenauszahlungen minus entgangende Kosten Freizeit, Streß etc. auf der Arbeit.

     

    Diese Modell-Gleichungen werden dann empirisch mit den Einkommens-Zeitreihen der Rentenversicherung empirisch abgeglichen, um die Modell-Parameter zu schätzen.

     

    Politische Risiken z.B. Arbeitsmarktreformen, Bankenkrisen, Tarifabschlüsse, Energiewende etc. sind in den Modellen gar nicht vorgesehen.

     

    Es fehlt in der Modell-Welt daher die (Klassen)politik der Arbeitgeberseite und die Sparpolitik der Regierung. Ihr Einfluß auf die Löhne in den Zeitreihen kommt nicht vor.

     

    Die Rentenversicherung ist auch institutionell schlecht konzipiert. Bei den Sozialwahlen wählt man Gewerkschaftsvertreter in die Aufsichtsräte, die von der Materie nichts verstehen. Es handelt sich einfach um Prestige-Posten.

     

    Viel wichtiger ist das man via Sozialwahlen einen starken Stimmblock in die Aufsichtsräte der Pensionsfonds wählt, die von Banken und Versicherungen verwaltet werden.

     

    Daneben sollten die Sozialwahlen auch reformiert werden, um direkt Delegierte der Rentenversicherten in der deutschen Finanzagentur GmbH der BRD wählen zu können. Denn nur der Staat kann Finanzprodukte anbieten, die einen Risikoausgleich über Generationen ermöglicht.

  • K
    kroete

    Die Frau leidet doch enorm unter ihrer Profilneurose, die einzig die Kunst beherrscht, die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, der postulierte große Wurf, zur Lösung welchen Problems auch immer, entpuppt sich dann als großer Haufen.

    Zu blöd, daß diese Sch... immer wieder gewählt wird.

  • O
    Oli

    Diese Regierung hat bislang keine einzige gerechte Lösung für ein einziges Problem vorgelegt, warum sollte das jetzt plötzlich anders werden? Die wissen augescheinlich auch nicht, worüber sie sprechen und was dort ein Problem überhaupt ist. Und diese Ministerin ist eine Charikatur einer Sozialpolitikerin. Die weiß doch gar nicht, worüber sie spricht. Warum ist es toll, wenn sie eine Lösung für 3 bis 7 Prozent einer Problemgruppe präsentiert? Was ist den mit den anderen 97 bis 93 Prozent? Sind die 'uns' egal?

    Die bietet eine Minilösung an und hat gehofft, dass die Leute ihr dafür auch noch applaudieren.

  • D
    Detlev

    Johannes Vogel: „Wir werden eine gute Lösung finden“

     

    Ja, aber das wird keine sein.

     

    Bislang hat gerade diese Regierung schnöde dementiert, dass es diese Probleme überhaupt gebe, dann gab es diese Probleme plötzlich doch und nun ist es wieder nicht so, wie dargestellt. Gerade einen Tag ist es her, da haben unterschiedliche Politiker der Regierung versucht, das Problem klein zureden. Und nun wird eine Lösung angekündigt?

     

    Da fehlt mir leider der Optimismus.

    Und Tatsache ist, dass Riester bei armen und schlecht-bezahlten Menschen vollständig scheitert. Dieses Modell hat nicht den Effekt gebracht, der nötig war, um niedrige Renten auszugleichen. Und Auslgeich hieß schon damals, eher niedrige Renteniveaus zu stabilisieren. Jetzt deuten immer mehr statistische Auswertungen daraufhin, dass die Renten vieler Menschen auf oder unter dem Hartz-IV-Niveau landen wird und dass viele Menschen im Alter auf Sozialgeld oder staatliche Ausgleichszahlungen angewiesen sein werden.

    Und eine Regierung, die Steuern senken will, Hartz-IV-Bezieher um Geld für Kinder und Jugendliche prellt, gängelt mit Anträgen, Ausforschungen und langen Bearbeitungszeiten, ist einfach nicht glaubwürdig, wenn sie Lösungen ankündigt.

     

    Es ist wahrscheinlich sogar gefährlich, wenn sie eine Lösung präsentieren, weil die erst Mal wieder vom Tisch muss, damit echte Lösungen zustande kommen. Das war ja auch der Effekt von Riester: Bereits ab den 1970ern diskutierte der Bundestag über demographische Veränderungen und die Probleme für das Rentensystem. Mit Riester hat man über zehn tote Jahre zustande gebracht, die sich katastrophal auswirken werden! Dass Hartz-System und Riester nicht verträglich sind, wurde schon kurz nach der Hartz-Reform bekannt und seither schieben mehrere Regierungen diese Probleme auf. Was allesamt verschweigen, ist, dass Riester die Arbeitgeber entlastet hat, aber dass es bis heute keinen Ausgleich dafür gibt. Alleine die Profitgier der Riester-Lösungsanbieter ist so unverfrohren, dass viele Menschen mit einer normalen, aber guten Sparlösung bei der Bank besser davon kommen könnten. Selbst die Steuervorteile werden von den Banken und Versicherungen so verwaschen, dass Riester eine der größten Mogelpackungen der Sozialpolitik in Deutschland ist.

     

    Und Seehofer müsste schon die SPD und Grüne einbinden, wenn er eine 'echte Lösung' will. Und das könnte die große Stunde oder die große Pleite für die Grünen werden, denn jetzt heißt es standfestigkeit zeigen! Es ist inakzeptabel, wenn Millionen Menschen in Armut rutschen im Alter, zumal viele nicht mehr arbeiten können oder gar nicht mehr Arbeit finden können. Schon heute arbeiten kaum noch Menschen mit 65 geschweige denn mit 67 oder 69.

  • C
    Celsus

    Ach. 10 % als erster Schritt. Woher kommt die merkwürdige Zahl? Da sollte doch einmal korrekt informiert werden.

     

    Und nein: Ich sehe nicht, dass die Frau ansatzweise irgendein Problem der Armut in Deutschland gelöst hätte. Erst senkt sie Beiträge und damit Möglichkeiten der umlagefinanzierten Auszahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, weil die Beiträge zu hoch sind und dann soll das Geld auf einmal in nicht finanzkrisenfeste private Versicherungen fließen? Da hat sich die Dame ja - wie ich zu ihren Gunsten mal vermuten will - reichlich unzureichend darüber infoirmiert, weiviel effizienter die Sozialversicherung da ist.

     

    Die Gründe für Effizienz sind doch naheliegend: Die Sozialversicherung braucht nicht so viele teure Beraterbverträge ohne Gegenleistung, sie spendet nicht an Parteien und schüttet keine Gewinne an Aktionäre aus. Und sie legt auch kein Geld in Risikokapital wie bei den Lehman Brothers oder ähnlichen an.