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Diskussion um UnkrautvernichterBahn will Glyphosat-Einsatz senken

Einer der größten Nutzer des umstrittenen Unkrautvernichters kündigt an, weniger Gift zu sprühen. Die Grünen fordern mehr.

Muss hier wirklich Glyphosat ran? Foto: dpa

Berlin taz | Die Deutsche Bahn will im kommenden Jahr den Einsatz von Glyphosat um die Hälfte reduzieren. „Weite Teile des Streckennetzes werden ab 2020 nicht mehr mit dem Herbizid behandelt“, heißt es in einer Mitteilung vom Freitag. Der Staatskonzern setze künftig auf mechanisch-manuelle Verfahren, um die Gleise von Unkraut frei zu halten.

Die Bahn ist trotz heftiger Kritik einer der größten Anwender von Glyphosat in Deutschland. Die letzten verfügbaren amtlichen Zahlen stammen von 2017. Demnach wurden laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 2017 insgesamt knapp 4.700 Tonnen sogenannter Organophosphor-Herbizide abgesetzt – rund ein Viertel mehr als 2016. Glyphosathaltige Stoffe machen den Hauptbestandteil an diesen Unkrautvernichtungsmitteln aus. Die Bahn versprühte nach eigenen Angaben 2018 etwa 57 Tonnen an glyphosathaltigen Pestiziden.

Der Einsatz von Glyphosat ist hochumstritten. 2015 hatte die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft und widersprach damit mehreren Zulassungsbehörden.

In den USA sieht sich der inzwischen von Bayer übernommene Herstellerkonzern Monsanto mit fast 20.000 Klagen wegen der angeblichen Krebsgefahren von Monsanto-Produkten konfrontiert.

Online-Petition gegen Glyphosat-Nutzung

Die Bahn hatte wegen ihres Glyphosat-Einsatzes in der Kritik gestanden. Bei einer Online-Petition, die die Bahn auffordert, das Unkrautgift nicht mehr zu spritzen, hatten bis zum Freitag fast 140.000 Menschen unterschrieben.

„Die Bahn-Ankündigung klingt überraschend vielversprechend“, heißt es in einer Mitteilung der Grünen-Bundestagsfraktion. Bis vor kurzem habe der Konzern noch einen Dienstleister für den Glyphosat-Einsatz bis 2022 gesucht. „Wenn der Ankündigung dieses Mal wirklich Taten folgen, muss sich Agrarministerin Klöckner ein Beispiel am DB-Plan nehmen“, heißt es bei den Grünen. Von der Bundesregierung sei „nach wie vor kein Schrittchen zum angekündigten Glyphosatausstieg erkennbar“.

Bislang hatte die Bahn den Einsatz von Glyphosat für unabdingbar gehalten: Auf ihrer Internetseite gab sie an, verschiedene nicht-chemische Verfahren seien „keine Alternative für Glyphosat. So dauere unter anderem die „Durcharbeitung deutlich länger und die Energiebilanz ist schlechter“.

Man setze bereits seit einigen Jahren daran, Alternativen zu Glyphosat zu entwickeln, heißt es nun in der Mitteilung vom Freitag. „Geprüft werden derzeit mögliche Verfahren auf Basis des Einsatzes von Heißwasser, elektrischem Strom und UV-C-Licht“, um das 33.000 Kilometer lange Streckennetz frei von Bewuchs zu halten.

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11 Kommentare

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  • Link für vor der Ernte Glyphosat:



    www.kritischer-agr...AB-2012/Haalck.pdf

  • Glyphosat ist kein Pestizid, sondern ein Herbizid. Wir sprühen es direkt auf unsere Nahrung, kurz vor der Ernte. Wenn aber die Bahn es verwendet, wird da eine große Schlagzeile draus gemacht. Größter Glyphosatnutzer klingt bombastisch. Dabei versprüht die Bahn 0,4% dieses Giftes - der Großteil wird in der Landwirtschaft verwendet und kommt direkt auf unsere Lebensmittel.



    Aber Hauptsache man kann tendenziös die Bahn als ökologisches Verkehrsmittel noch etwas schlechtreden.

    • @Velofisch:

      Nicht VOR der Ernte, sondern DANACH! Als Vorbereitung zur Neuaussat. Da muss man allerdings einige Wochen warten, weil sonst die Saat sofort eingeht.

      • @wauz:

        Auch vor der Ernte.



        Ernte zum gewünschten Zeitpunkt.



        Ernte on demand.



        Volle Ladung Gift im Endstadium des Pflanzenwachstums.



        Lecker. Bon appétit!

        • @Frau Kirschgrün:

          Bitte!! In Deutschland seit Jahren nicht mehr erlaubt!!



          Übliche Praxis in Euren geliebten Agrarländern in den Subtropen und in den kontinentalen Agrargebieten mit sehr kurzer Vegetation.



          Die Bahn allerdings sprüht höchste Konzentrationen auf ein Schotterbett. Hie kann nicht wie im Ackerboden vom Bodenleben schnell abgebaut werden. Also bitte immer schön bei der Wahrheit bleiben

  • "Einer der größten Nutzer des umstrittenen Unkrautvernichters kündigt an, weniger Gift zu sprühen. Die Grünen fordern mehr."



    Etw. missverständlich formuliert.

    • @non payclick:

      Die Bayer AG fordert übrigens auch mehr ;)

  • 9G
    94748 (Profil gelöscht)

    Wusste gar nicht, dass im Gleisbett der Bahn Lebensmittel angepflanzt werden oder dass Glyphosat dort durch ungeschütztes Personal ausgebracht wird.

    • @94748 (Profil gelöscht):

      Tja, wir können ja Wohnung tauschen. Ich lebe etwa 20 m von Bahngleisen entfernt – nicht ein Fitzelchen Unkraut zu sehen.



      Ich wünsche mir inständig, dass es aufhört mit der Giftspritzerei, denn das Zeug wird ja verblasen, Wind, Fahrtwind. Nicht lustig. Unserre Gemeinde und alle Gartenvereine hier haben Glyphosat verboten.

  • Das Problem mit dem Glyphosphat

    ist hauptsächlich, dass es (fast) alles pflanzliche Leben abtötet und im Gefolge davon auch das tierische Leben. Vor allem Mikroorganismen sind betroffen. deswegen hat Glyphosphat auf Ackerflächen nichts verloren.



    Es gibt allerdings ein paar Besonderheiten beim Glyphosphat, die man in der Diskussion nicht übersehen sollte. Glyphosphat ist ein Kontaktgift. Es kommt also stark auf die Art der Ausbringung an. Wenn man es sprüht, wirkt es gewissermaßen wie eine Neutronenbombe. Wenn man es wischt, sind nur die berührten Pflanzen betroffen. Daher gibt es Möglichkeiten, Glyphosphat auf eine vertretbare Weise zu verwenden. Zum Beispiel gegen Neophyten. Oder aber auf Gleiskörpern. Gleiskörper von jeglichem Bewuchs freizuhalten ist tatsächlich sinnvoll. Von daher muss man sehr genau abwägen, ob man "aus Prinzip" gegen diesen Einsatz ist, oder ob es pragmatische Anwendungsfälle gibt, die man tolerieren kann.

    • @wauz:

      Ein hochtechnisiertes Land wie Deutschland darf ein derartiges Gift gar nicht brauchen "müssen"! Gift bleibt Gift. Und bei Glyphosat geht wie selbst sagen viel zu viel – inklusive Menschen! – daran zugrunde.



      Es kann doch nicht sein, dass es keine andere Möglichkeit als Glyphosat gibt, die Gleiskörper unkrautfrei zu halten. dann werden eben Menschen eingestellt!



      M. E.