Diskriminierung in Stellenausschreibung: Deine Mutter
Immer wieder steht in Stellenanzeigen als Voraussetzung „Muttersprache Deutsch“. Dabei verstößt das gegen das Gleichbehandlungsgesetz.
Was Arbeitgeber heutzutage nicht alles erwarten. Ein Master muss es schon sein, am besten ist der Abschluss nicht länger als zwei Jahre her, aber zwei Jahre Berufserfahrung sollte man schon auch mitbringen. Nur in seltensten Fällen gibt der Lebenslauf her, was vom Markt gewünscht wird. Mit ein bisschen Tricksen kann man immerhin so tun, als ob.
Nicht so bei folgender Voraussetzung: „Deutsch als Muttersprache“. Das wünscht sich das Berliner Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) in einer aktuellen Stellenausschreibung für eine/n „Studentische/n Mitarbeiter/in der Forschungsreferentinnen der Direktion“. Wer also zufällig russisch-, türkisch- oder schwedischsprachige Eltern hat und die deutsche Sprache erst im Kindergarten lernte, hat Pech gehabt.
Ja, es ist erstaunlich, aber das ZfL ist nicht der einzige Arbeitgeber, der solche Ansprüche an seine BewerberInnen stellt. Die Strax GmbH in Troisdorf sucht derzeit „eine/n Texter/in“ mit Deutsch als Muttersprache und guten Englischkentnissen. Und die Arabel Design Apartments am Potsdamer Platz schreiben aktuell eine Stelle als „Rezeptionist (m/w)“ aus und wollen: „Deutsch Muttersprache, fehlerfrei in Wort und Schrift“.
Dabei hatte das Berliner Arbeitsgericht schon 2009 einer Klägerin recht gegeben, die von einem Kunstbetrieb abgelehnt wurde, weil sie keine Deutsch-Muttersprachlerin war. Das Gericht sah in der Anforderung „Muttersprache Deutsch“ eine „indirekte ethnische Diskriminierung“ und somit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Doch scheinen ZfL und Co das nicht mitbekommen zu haben, denn wer hält schon trotz rechtlicher Bedenken an der Deutschtümelei fest?
Nach einer Anfrage der taz antwortete eine ZfL-Mitarbeiterin freundlich per Mail, dass für die ausgeschriebene Stelle „spezielle Korrekturarbeiten mit schwierigen grammatikalischen Satzkonstruktionen Teil des Aufgabenbereiches“ seien, „die unserer Erfahrung nach nur von deutschen Muttersprachlern erfüllt werden können. Dies schließt aber selbstverständlich auch den Erwerb der deutschen Sprache im Kindesalter durch das soziale Umfeld mit ein – Nationalität spielt überhaupt keine Rolle.“
Dass ein Literaturforschungsinstitut das Wort „Muttersprache“ je nach Lust und Laune verwendet und auslegt, ist das eine. Dass es sich aber damit brüstet, durchaus nichtdeutsche Staatsbürger zu akzeptieren, das andere. Wäre ja noch schöner, zu glauben, jeder der einen deutschen Perso mit sich trägt, wäre eher in der Lage, mit „schwierigen grammatikalischen Satzkonstruktionen“ umzugehen, als eine in Lübeck geborene, promovierte Germanistin mit italienischem Pass. Nach weiterem Mailverkehr aber gab das ZfL schließlich an, die Formulierung umändern zu wollen in „muttersprachliches Niveau“. Der sprachlichen Qualität der Literaturforschung im Vaterland wird das sicher nicht schaden und die Mütter bleiben (fast) aus dem Spiel. Geht doch.
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