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Diplomatischer Eklat um Wikileaks-GründerBriten drohen Botschaft zu stürmen

Die Botschaft in London gilt als Territorium Ecuadors. Doch weil Wikileaks-Gründer Assange vor knapp zwei Monaten untertauchte, wollen die britischen Behörden sie nun stürmen.

Sobald Assange die Botschaft verlässt, soll er festgenommen werden. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz | Ecuador hat über den Asylantrag von Wikileaks-Gründer Julian Assange entschieden. Dies teilte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño am Mittwoch mit. Die Entscheidung werde am Donnerstag bekanntgegeben, sagte Patiño. Gleichzeitig warf Außenminister Patiño der britischen Regierung vor, einen Überfall auf die ecuadorianische Botschaft in London vorzubereiten. „Wir haben die Drohung schriftlich,“ sagte Patiño und kündigte eine Dringlichkeitssitzung sowohl der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) als auch der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) einzuberufen.

Patiño bezieht sich auf einen Brief der britischen Regierung, in der diese die Verpflichtung bekräftig, Assange an Schweden ausliefern zu müssen. Im Fall der Asylgewährung könne kein freier Abzug gewährt werden. Und weiter heißt es, die britische Regierung habe das Recht den Botschaftsstatus der ecuadorianischen Vertretung vorrübergehend aufzuheben und Assange zu verhaften.

Außenamtssprecher Sam Heathrow ließ am Willen der britischen Regierung keinen Zweifel. „Wir werden Assange ausliefern,“ so Heathrow. Die vorrübergehende Aufhebung des Botschaftsstatus sei eine Möglichkeit. „Die Bestimmungen der Genfer Konvention sind nicht unter allen Umständen absolut und Großbritannien hat die Verpflichtung Herrn Assange an Schweden auszuliefern, das ein Land mit einen vertrauenswürdigen und transparentem Rechtssystem ist.“

Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks hatte sich am 19. Juni in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet und um politisches Asyl gebeten. Seither wartet er in London auf eine Entscheidung. Der Australier Assange hatte sich im Dezember 2010 der Londoner Polizei gestellt, nachdem Schweden einen europäischen Haftbefehl gegen ihn erwirkt hatte. Großbritannien will Assange nach Schweden ausliefern, wo er sich wegen Vergewaltigungs- und Nötigungsvorwürfen verantworten soll.

Assange hat die Vorwürfe stets bestritten. Er sieht sich als politisch Verfolgter und befürchtet, dass er von Schweden an die USA weitergereicht wird, wo er wegen politischer Vergehen belangt werden könnte. Wikileaks hatte als Internet-Plattform für Aufsehen gesorgt, weil es mehrfach geheime Dokumente vor allem aus den USA veröffentlichte.

Update 12.10 Uhr: Die Nachrichtenagentur Reuters hat einen Livestream geschaltet, der den Eingang zum Gebäude zeigt, in dem die ecuadorianische Botschaft ist. Außerdem gibt es erste, bislang unbestätigte Berichte über Verhaftungen von Anhängern Assanges vor der Botschaft.

Update 13.10 Uhr: Sky News zeigt Aufnahmen von mindestens zwei vorläufigen Festnahmen in London.

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16 Kommentare

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  • BG
    Bernd Goldammer

    @Wrlfxszr

    Entschuldigung! Mit dem Begriff CIA- Nutten wollte ich keineswegs all die Frauen beleidigen die Tag für Tag dem ältesten Gewerbe der Welt nachgehen. Für die Arbeit der beiden Schwedinnen gibt es wohl noch keinen zutreffenden Begriff, obwohl diese Vorgehensweise schon seit Jahrhunderten zur Klaviatur der Geheimdienstarbeit gehört. Schade das sie in ihrem Beitrag nicht auf alles andere eingehen, was ich geschrieben habe. Assange wird von Leuten Ihres Schlages permanent vorverurteilt. Wie seriösen Zeitungen zu entnehmen ist, hat der Schwedische Staat ihn bis jetzt nicht angeklagt. Er soll zu den Beschuldigungen dieser Frauen angehört werden und wird deshalb mit EU-Haftbefehl gesucht. Diese Vorgehensweise ist in Schweden sehr ungewöhnlich. Das sind die Fakten. Es kann sein dass sie mit Realitäten überfordert sind ich aber freue mich über all die Zweifler, die sie in ihrem Beitrag herabwürdigen. Denn die verteidigen unsere Grundrechte.

  • RA
    ralf ansorge

    goldammer,dir ist nicht mehr zu helfen(cia-nutten),gehts noch? ansonsten wrfixszr,vollst zustimmung

  • W
    Wrlfxszr

    @Bernd Goldammer: Es ist so eklig, was sie das schreiben. Assange als Helden der Neuzeit zu bezeichnen, von mir aus (ich teile die Meinung zwar nicht, aber ist okay). Schweden vorzuwerfen, es gäbe dort keinen Rechtsstaat und die liefern sowiewo gleich aus (Vorverurteilung), aber gleichzeitig schon jetzt ohne irgendeinen Beleg von zwei "CIA-Nutten" zu sprechen ist ekelhaft! Da sind wir ja wieder im Mittelalter oder bei den Taliban, jede Frau, die vermutlich vergewaltigt wurde wollte es so oder ist selber Schuld, nein in diesem Fall sogar CIA-Agentin!

    Nein, so langsam kann ich mich dem Eindruck nicht erwehren, dass in der sogenannten freuen Netzwelt eine Nerd-Horde herangezogen wurde, welche außer sich Verschwörungstheorien zu widmen auch noch ein mittelalterliches Frauenbild pflegt und Vergewaltigungen verharmlost.

  • RW
    Rainer Winters

    Wenn die britische Regierung die Botschaft stürmt, und damit die internationalen Regeln (Genfer Konvention etc.) verletzt, verlange ich von der Deutschen Regierung, gegen Herrn Cameron und seinen Innenminister einen Haftbefehl zu erlassen.

  • B
    Bernd

    Ich hab schon wieder Erinnerungslücken. Wie wär das noch mal genau:

     

    a) "Alle Macht geht vom Volke aus."

    b) "Alle Macht geht dem Volke aus."

    c) "Alle Gewalt geht von der Regierung aus."

    ...

    Helft mir, Ich ringe um Durchblick!

  • E
    end.the.occupation

    Man registriere den Einsatz der taz für Assange, der es gewagt hat den Mächtigen in die Suppe zu spucken.

     

    Unvorstellbar in dem 'linken, selbstverwalteten Zeitungsprojekt' - und daher das totale Desinteresse - auch am Fall Manning.

  • H
    Hans

    Dummes Säbelrasseln.

     

    Wenn sie es tatsächlich tun würden, was einen politischen Sündenfall darstellen würde, wäre ich für Sanktionen und die Ausweisung des britischen Botschafters aus Deutschland.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Diplomatie- Krieg wegen zwei schwedischen CIA- Nutten, die Assange in ihre Betten lockten und den erwünschten Sex Wochen später angezeigten? Das ich nicht lache!!! Assange hat die Menschenschlachtungen im Irak und anderswo offen gelegt. Er hat barbarische Kriegsverbrechen der Amerikaner aufgedeckt, an deren Geheimhaltung auch Großbritannien „gewaltiges“ Interesse hat. Deshalb muss Assange durch Ecuador gerettet werden. Vor den Untaten von mehreren Schurkenstaaten. Deshalb wird jetzt Krieg gegen einen Helden der Neuzeit geführt.

  • D
    Drudenfuß

    "Inglan is a bitch, there's no running 'way from it,

    Inglan is a bitch, fi tru, an no lie me a tell, fi tru" (LKJ)

  • G
    gettop

    Art. 22 der "Vienna Convention on Diplomatic Relations" ist eindeutig und klar formuliert:

     

    "1.The premises of the mission shall be inviolable. The agents of the receiving State may not enter

    them, except with the consent of the head of the mission.

    2.The receiving State is under a special duty to take all appropriate steps to protect the premises

    of the mission against any intrusion or damage and to prevent any disturbance of the peace of the

    mission or impairment of its dignity.

    3.The premises of the mission, their furnishings and other property thereon and the means of

    transport of the mission shall be immune from search, requisition, attachment or execution."

  • S
    schlaumeier

    Botschaften und Konsulate sind NICHT Gebiet des entsendenden Staates. Das Völkerrecht ist da recht eindeutig (vgl Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen). Wikipedia hat eine recht guten Artikel zur sogenannten "exterritorialität".

  • A
    arribert

    Geht da irgendwem der Allerwerteste auf Grundeis. Das könnte Ecuador als kriegerischen Akt auslegen. Dann wäre der Bündnisfall da!

  • D
    Demokratie-Troll

    Das ist eine schöne Staatsaffaire! Ein mieser kleiner Triebtäter kriegt politisches Asyl?

     

    Seit wir wissen, wie unsäglich wirkungsvoll Assange den Mächtigen ins Handwerk gepisst hat mit seiner Plattform Wikileaks, durften wir zeitgleich dazu genüßlich beobachten, wie er in einer beispiellosen Schmutzkampagne menschlich als halbparanoides Stinktier in der Öffentlichkeit vernichtet, seine Organisation wirtschaftlich und organisatorisch unschädlich gemacht wurde und seine Mitarbeiter in hellen Scharen davongelaufen sind.

     

    Und was lernen wir daraus? Den Medien oder der Justiz und ihrer Objektivität und Unabhängigkeit zu trauen? Oder doch nur die Binsenweisheit, leg dich nicht mit den Falschen an!

     

    Wow, so gefährlich war der Mann! Und nun ist es vorbei mit ihm. Oder doch nicht?

     

    Immerhin hat er jetzt ein kleines Zimmmerchen mit Internetanschluß.^^

  • K
    Klaus

    Schurkenstaat Großbritannien

  • J
    Julia

    Wenn Merkel eine gute Kanzlerin wäre, würde sie den Briten für diesen Fall den Krieg ankündigen.

  • DH
    Dr.Klaus Heine

    Bekommt GROSS-Britannien Höhenflüge nach dem vielen GOLD der Olympia-Sportler? So groß ist ja nun England auch nun wieder nicht mehr. Die Kolonialzeit ist vorbei!