■ Vorschlag: Din A Testbild: TV-Reflexionen in der Galerie Schwarzenberg
Grad hing man noch zusammen mit dem Fernseher im Zimmer rum, schon ist man in der Rosenthaler Straße zwischen Menschen, die aufgeregt die kreative Stadt entdecken wollen. Völlig abstoßend, andererseits auch wieder ganz okay. Zum Beispiel die Testbildausstellung „Bottom up“ in der Galerie Schwarzenberg e.V., die am Freitag wie gewöhnlich mit einer „Party“ eröffnet wurde.
Es gehe darum, das Medium Fernsehen bis in die „Grundsubstanz“ zu reflektieren, erklären die Künstler Andreas Eberlein und Birgit Schneider. Das Testbild sei die basale Bedingung für den Fernsehempfang. Klingt einleuchtend, auch wenn man es mittlerweile nur noch selten braucht – die TV-Geräte sind vom Werk aus ja schon genau konfiguriert. Außerdem kann man auch mit nicht korrekt eingestellten Fernsehern gucken. Und selbst der einleuchtende Satz, daß im Testbild die eigentliche Idee des Fernsehens vorscheine, ließe sich kritisieren. Sei's drum: Die Idee zur Testbildforschung entstand im Karlsruher Institut für Theoriedesign, das 1995 aus Unzufriedenheit mit dem altbackenen universitärem Alltag an der Karlsruher „Hochschule für Gestaltung“ gegründet worden war. Zeitgemäß bestand der Gründungsakt darin, eine Pressemitteilung über die Institutsgründung zu faken. Im Sommer 95 veranstaltete man einen Testbildwettbewerb. Peter Sloterdijk saß auch in der Jury.
Zusammen mit der relaxten Partymusik wirkt der große Ausstellungsraum wie eine angenehme Chillout-Area, in der man Arbeitslosendrogen rauchen und entspannt rumhängen könnte, wenn man grad was dabei hätte, braucht man aber auch nicht. Und auf die Testbilder starren, in denen sich, anders als bei den traditionellen, auch was bewegt. Höflich verzichtet das Design auf den Pipifax, der ansonsten so veranstaltet wird. Beim Schauen auf die klaren Geometrien und Formen träumt man von einem abstrakten Fernsehen, das gänzlich auf diesen Repräsentationsmist verzichten täte. Die Welt wäre um einiges besser, wenn im Fernsehen nicht ständig Idioten ihre debilen Projekte verfolgen würden!
Bevor es die elektronischen Testbilder gab, gab es bunte Obstkörbe als Einstellungshilfe. Vor ein paar Jahren verabschiedete sich der SFB vom Testbild, weil „man den anderen Sendern nicht den Vorteil lassen wollte, daß bei denen ein anderes Bild als ein Testbild kommt“, so Peter Schögel, der Bildingenieur vom SFB. Im Offenen Kanal kann man sich bei den Testbildern des „Instituts für Theoriedesign“ erholen; für 120 Mark kann man sich auch ein persönliches Testbild erstellen lassen. Detlef Kuhlbrodt
„Bottom-up“, noch bis zum 19. April in der Galerie Schwarzenberg e.V., Rosenthaler Straße 39, Mitte
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