Diktatur-Aufarbeitung in Argentinien: Späte Urteile gegen hohe Militärs

In Argentinien sind sieben Ex-Militärangehörige zu Haftstrafen zwischen 20 und 25 Jahren verurteilt worden - auch der frühere Heereschef Nicolaides.

Ex-General Cristino Nicolaides bei seiner Verhaftung 1999 Bild: dpa

BUENOS AIRES taz In Argentinien geht die juristische Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen während der letzten Militärdiktatur weiter. Am Dienstag wurden erstmals seit der Aufhebung der Amnestiegesetze im Jahr 2003 sieben ehemalige Militärangehörige zu Haftstrafen zwischen 20 und 25 Jahren verurteilt. Die insgesamt acht Angeklagten, sieben Militärs und ein Polizist, waren der gewaltsamen Entführung, Folter und des Verschwindenlassen von politischen Gegnern für schuldig befunden worden.

Unter den Verurteilten ist auch das ehemalige Juntamitglied und frühere Oberste Heereschef Cristino Nicolaides. Nicolaides hatte in den Jahren 1982 und 1983 der letzten Militärjunta unter dem Vorsitz von Reynaldo Bignone angehört. In seinem Urteilsspruch nannte Bundesrichter Ariel Lijo den heute 82-Jährigen ein "Mitglied einer illegalen Vereinigung mit dem Zweck der Verbrechensverübung." Der Ex-General wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Ebenfalls unter den Verurteilten ist der ehemalige Polizist Julio Simon. Simon war bereits in einem früheren Verfahren wegen Entführung und Folter zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war. Am Dienstag erhielt er eine Haftstrafe von 23 Jahren.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die acht Angeklagten für die Entführung und das Verschwinden von sechs Mitgliedern der ehemaligen linken Guerillaorganisation Montoneros Anfang der 1980er Jahre verantwortlich sind. Von den sechs überlebte nur Silvia Tolchinsky. Die Frau, deren Geschichte berühmt wurde, weil sie einen ihrer ehemaligen Peiniger heiratete, lebt heute in Spanien. Im Prozess trat sie als wichtigste Zeugin auf.

Während der Diktatur (1976-1983) wurden insgesamt rund 30.000 Menschen getötet. Darunter sind viele "Verschwundene", deren Schicksal bis heute nicht aufgeklärt ist.

Mit dem jetzigen Richterspruch endeten bisher vier Prozesse seit der Annullierung der Amnestiegesetze im Jahr 2003 mit einem Urteil. Im Oktober wurde der katholische Priester und ehemalige Polizeikaplan Christian von Wernich zu lebenslanger Haft verurteilt. Zuvor war im August 2006 der Polizist Julio Simon und im September 2006 der ehemalige Chefermittler der Provinzpolizei Buenos Aires, Miguel Etchecolatz, wegen Mordes, Freiheitsberaubung und Folter zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der frühere Marineangehörige Héctor Febres war dagegen am 10. Dezember, vier Tage vor seiner Verurteilung an den Folgen einer Zyankali-Vergiftung tot in seiner Zelle aufgefunden worden.

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