■ Dieter Schenk: Der Zivilgesellschaft verpflichtet
Seine Äußerungen waren immer wohlüberlegt und für seine Dienstherren regelmäßig ein Grund für Wutanfälle. Die Polizeipräsenz auf den Straßen massiv auszubauen führe gefährlich in die Irre, vertrat Polizeivizepräsident Dieter Schenk beispielsweise im Herbst letzten Jahres. Seine öffentliche Kritik an der Übernahme amerikanischer Polizeimethoden als Allheilmittel gegen eine wachsende Kriminalität ließen Innensenator Schönbohm (CDU) Galle spucken.
Dieter Schenk, der gestern nach 37 Jahren Dienstzeit in den Ruhestand ging, störte das nicht. Politische Pressionen war der So
zialdemokrat schließlich gewöhnt. Mitte der achtziger Jahre, als im Antes-Bestechungsskandal eine tiefe Verstrickung führender Politiker aus CDU und FDP sichtbar wurde, mußte er sich wiederholt der politischen Einflußnahme auf die Aufklärung erwehren.
Polizeipräsident durfte der leidenschaftliche Kriminalist nie werden – das hätte die auf das Innenressort abonnierte CDU nie zugelassen. Für die Innensenatoren Kewenig, Heckelmann oder Schönbohm blieb der jetzt Sechzigjährige dennoch ein harter Brocken. Schenk baute maßgeblich das Landeskriminalamt auf, dessen Leiter er seit der Gründung war. Dabei trat er nachdrücklich für die effektivere Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ein.
Ohne Berührungsängste gegenüber den Grünen ist Schenk der Prototyp eines modernen Polizeiführers, der sich der gesellschaftlichen Verantwortung bewußt ist. „Prävention ist eine zivilgesellschaftliche Aufgabe. Was uns mit dem New Yorker Modell als Prävention verkauft wird, ist reine Repression, und zwar rechtsstaatlich bedenkliche“, vertrat Dieter Schenk immer wieder. Diese Stimme wird der Polizei fehlen. Gerd Nowakowski
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