: Die spinnen, die Deutschen!
LESUNG Wladimir Kaminer berichtet in „Liebesgrüße aus Deutschland“ von typisch deutschen Schrullen und kommt zur 10-Jahres-Jubiläumsshow nach Bremen
von Jens Laloire
1963 sandte der gebürtige Schotte Sean Connery als brustbehaarter James Bond Liebesgrüße aus Moskau, 2011 sendet der gebürtige Russe Wladimir Kaminer als erfolgreicher Autor Liebesgrüße aus Deutschland. Während Connery sich damals erst zum zweiten Mal als Bond präsentierte, hat Kaminer schon eine gewisse Routine in seiner Rolle. 18 Bücher hat er bereits veröffentlicht, sein neuestes Werk trägt den Titel „Liebesgrüße aus Deutschland“. Und wem schickt Kaminer diese Liebesgrüße? Die Antwort: Den Deutschen selbst, um ihnen in drei- bis zehnseitigen Grußkarten zu erzählen, was für ein sonderbares Volk sie sind – ein Volk, das sich mit Einverständniserklärungen gegen jegliche Risiken absichert, alle Dokumente in Leitz-Ordnern verstaut und sich „von seinen Ausländern bedroht und beschimpft“ fühlt. Frei nach dem „Asterix und Obelix“-Motto: Die spinnen, die Deutschen!
Kaminer behält jedoch bei seinen Berichten über die deutschen Schrullen immer ein Lächeln auf den Lippen und lässt zwischen den Zeilen seine Liebeserklärung durchklingen: Ihr Deutschen seid zwar echt schräg, aber mit euren Macken ebenso liebenswert, und außerdem gibt es andere Nationen, die mindestens genauso meschugge sind – zum Beispiel die Russen.
Mit denen kennt sich Kaminer ebenso gut aus wie mit den Deutschen. 1967 in Moskau geboren und aufgewachsen, absolvierte er dort eine Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk, studierte Dramaturgie am Theaterinstitut von Moskau und kehrte in der Wendezeit seiner Heimat den Rücken, um im Juni 1990 in Berlin Asyl zu beantragen. Die Umstände seiner Immigration und seine ersten Erlebnisse in Deutschland verarbeitete er in seinem Erstling „Russendisko“, der im Jahr 2000 zum Überraschungserfolg avancierte.
Inzwischen hat Kaminer einen deutschen Pass und ist weltweit als Botschafter der deutschen Kultur unterwegs. Gerade war er auf der zweitgrößten Buchmesse der Welt in Mexiko, um gemeinsam mit anderen Autoren das schwarz-rot-goldene Fähnlein hochzuhalten. Dennoch sieht er sich nicht als Deutschen: „Ich bleibe ein Ausländer. So fühle ich mich auch viel wohler, denn man sieht mehr als Außenstehender.“
Aus dieser Außenperdspektive blickt Kaminer in seinem neuen Buch auf den deutschen Mann, deutsche Möbel und die deutsche Leberwurst. Das Ganze in knappen Geschichten, zwar mit Klischees gespickt, jedoch oft sehr charmant und lustig. Wenn Kaminer diese Texte mit seinem russischen Akzent vorliest, ist das definitiv locker-flockige Unterhaltung, bei der man hie und da das eine oder andere über sich und seine Landsleute lernen kann. Gelegenheit dazu gibt es, wenn Kaminer nach Weihnachten dem Bremer Publikum in einer Jubiläumsshow seine Liebesgrüße präsentiert.
■ Wladimir Kaminer: Jubiläumsshow – 10 Jahre Bremen, Dienstag, 20 Uhr, Schlachthof, Kesselhalle