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■ Die rechte Volkspartei will keine Ausländer und weniger SteuernSchweizer Erdrutsch

Noch nie konnte eine Partei bei den Wahlen in der Schweiz so große Gewinne verbuchen: Im Kanton Zürich wurde die Schweizerische Volkspartei (SVP) dank der rechtsnationalen Leitfigur Christoph Blocher besonders stark: Sie holte ein Drittel der Stimmen. Was sich in Zürich sehr deutlich abzeichnet, lässt sich aber für die ganze Schweiz sagen: Die SVP, die rechteste der Regierungsparteien, hat glänzend gesiegt. Verloren haben alle anderen: die kleinen Rechtsaußenparteien, die Parteien der Mitte und die Sozialdemokraten, die den Wahlkampf verschlafen haben. Die SVP setzte im Wahlkampf auf Asyl- und Steuerpolitik. Mit ihren auch bei den nördlichen Nachbarn populären Forderungen nach weiteren Verschärfungen im Asylrecht hat sie als einzige Partei ein Thema besetzt, das, ausgelöst durch die zahlreichen Kosovo-Flüchtlinge in der Schweiz, bei den WählerInnen als sehr dringliches Problem galt.

Die anderen Parteien haben der SVP und ihren Parolen nichts entgegengesetzt, auch wenn die Sozialdemokraten (SP) – anders als in Deutschland und in Österreich – prinzipiell noch weltoffene Positionen vertreten. Mit der Forderung nach Steuersenkungen hat die Schweizerische Volkspartei – und das ist neu – aber auch jene WählerInnen abgeholt, die früher einer der Mitteparteien ihre Stimme gaben. Damit hat sie auf einen aktuellen Trend reagiert: VertreterInnen der Wirtschaft, die früher der Freisinnigdemokratischen Partei (FDP) ihre Stimme gaben, wählen nun die Volkspartei. Denn der FDP gelang es nicht mehr, eine offensive Finanzpolitik zu betreiben, andererseits ist die SVP die einzige Regierungspartei, die keinen EU-Beitritt will. Das würde für die WirtschaftsvertreterInnen primär bedeuten, dass sie von den Vorteilen des freien Marktes profitierten, ohne Einschränkungen in Kauf nehmen zu müssen.

Die Zuwanderung von WirtschaftsvertreterInnen einerseits und WählerInnen der Rechtsaußenparteien andererseits erklärt den Sieg aber nur zur Hälfte. Nicht zuletzt hat die SVP den Erfolg den übrigen bürgerlichen Parteien zu verdanken, die sogar versuchten, die Volkspartei zu kopieren. Der SP hingegen gelang es nicht, ihre Themen zu setzen und konsequent zu verfolgen. Zentrale Fragen sind nun, ob die bürgerlichen Parteien mit der SVP eine Mitte-rechts-Regierung bilden und ob die Sozialdemokraten ihre inhaltliche Position beibehalten oder, angesichts des Rechtsrutsches, auf einen Schröder/Blair-Kurs einschwenken. Yvonne Leibundgut

Redakteurin der Wochenzeitung (WoZ) Zürich

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