: Die politische Ökologie ist nicht am Ende
■ Die Wahlniederlage der Grünen aus französischer Sicht GASTKOMMENTAR
Die Wahlen in der Bundesrepublik waren vor allem geprägt durch die Frage der deutschen Vereinigung. Dadurch waren die Parteien bevorzugt, die die Vereinigung bewerkstelligt haben. Wir müssen die Wahlschlappe der Grünen in diesem außergewöhnlichen Zusammenhang sehen. Eine Niederlage, die im Übrigen nicht das Ende der politischen Ökologie im Rest der Welt bedeutet.
Die Bundesrepublik war nicht die Wiege der grünen Bewegung. Auch wenn der Einzug der Grünen in den Bundestag übermedialisiert worden ist — die Tatsache, daß die ökologische Bewegung in allen Ländern auf selbständige Weise entstanden ist, zeigt, daß die Ökologie keine Ideologie ist, die von einem Zentrum aus über alle Welt verteilt wird, sondern Ausdruck der tiefen Krise westlicher Gesellschaften.
Nachdem wir auf die offensichtlichen Sackgassen dieses Gesellschaftstypus hingewiesen haben, ist es jetzt an der Zeit, Lösungen vorzuschlagen, auf die die Bevölkerung wartet und die dem weltweiten Ausmaß der Krise Rechnung tragen. Wir müssen mit realistischen Szenarien arbeiten.
Die vorübergehende Erfolglosigkeit der Bundes-Grünen ändert nichts an der Richtigkeit der ökologischen Analyse. Im Elsaß sehen wir sehr genau, was die Umweltpolitik der traditionellen Parteien bedeutet: Müllexport, das Projekt einer Anlage in der Nähe Straßburgs, wo die Abfälle des Stuttgarter Raums verbrannt werden sollen, oder das 400 Hektar große Versuchsgelände von Mercedes...
Die Ökologie ist mit der Nichtwahl der West- Grünen in den Bundestag nicht gestorben. Zumal die Grünen auf regionaler und kommunaler Ebene noch präsent sind. Und vergessen wir nicht ihre Präsenz im Europaparlament und in immer mehr Parlamenten weltweit. Aber im Licht der deutschen Erfahrung müssen alle Grünen ihre Strategie wohl neu überdenken. Statt Luftschlösser zu bauen, müssen wir uns überlegen, wie wir unsere Fähigkeit beweisen können, konkrete Gesellschaftsmodelle vorzuschlagen, die den gegenwärtigen Realitäten und Unwägbarkeiten Rechnung tragen. Andrée Buchmann
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