Die neuen Möglichkeiten von CRISPR: Mensch, Tier und Pflanzen
Forscher hoffen, dass sie mit CRISPR zukünftig Krankheiten heilen können. Bei Tieren und Pflanzen wird das Verfahren schon eingesetzt. Hier einige Beispiele.
Embryonen und Augen
Die neuen Methoden der Gentechnik machen auch vor dem Menschen nicht halt. Für einen Aufschrei sorgte im vergangenen Jahr eine Veröffentlichung chinesischer Wissenschaftler. Junjiu Huang und seiner Kollegen von der chinesischen Universität Sun Yat-sen. Dort wurde über den Versuch berichtet, das Erbgut von menschlichen Embryonen mittels CRISPR zu verändern. Sie wollten ein Gen austauschen, das für die Blutkrankheit Beta-Thalassämie verantwortlich ist.
Für ihre Experimente benutzten sie nicht lebensfähige Embryonen. Diese ersten Versuche mit menschlichen Embryonen waren allerdings nicht sehr erfolgreich. Es gab zahlreiche unerwartete Effekte, und nur bei einem Bruchteil der benutzen Embryonen konnte die hinzugefügte DNA auch nachgewiesen werden.
Sollte der Bericht zutreffen, wäre es das erste Mal überhaupt, dass die Keimbahn, also die menschlichen Fortpflanzungszellen, so verändert worden sind, dass diese Veränderung auch weitervererbt werden würde. In Deutschland sind derartige Keimbahnveränderungen gesetzlich verboten.
Die nächsten Embryonenversuche werden voraussichtlich in Großbritannien stattfinden. Dort hat Anfang des Jahres das Francis Crick Institute die Erlaubnis bekommen, bestimmte Gene mit der CRISPR-Methode zu untersuchen, die für eine normale Entwicklung von Embryonen notwendig sind. Die Versuche dürfen aber nur an bis zu sieben Tage alten Embryonen durchgeführt werden. Anschließend müssen die Embryonen getötet werden. Mit dieser Regel soll sichergestellt werden, dass ausschließlich Forschungsziele verfolgt werden.
Auch bei gentherapeutischen Versuchen wollen Forscher CRISPR einsetzen. So bereitet die amerikanische Biotech-Firma Editas einen ersten klinischen Versuch für das Jahr 2017 vor, bei dem eine sehr seltene Erkrankung der Netzhaut im Auge geheilt werden soll. Dazu soll aus einem Gen in den Fotorezeptorzellen eine aus 1.000 Basenpaaren bestehende DNA-Sequenz herausgeschnitten werden.
Hornlose Rinder und muskulöse Hunde
Mäuse und Ratten, Hunde und Kaninchen, Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine und Affen. All diese Tiere sind in den letzten drei Jahrzehnten Forschungsobjekt der Geningenieure geworden. Viele wurden mit neuen Genen ausgestattet, um zu zeigen, dass ein neu entwickeltes Verfahren tatsächlich funktioniert. Andere wurden so verändert, dass sie bestimmte Arzneimittel produzieren. Oder es wurden Modelltiere entwickelt, mit denen im Labor Krankheiten oder Genfunktionen erforscht werden. Millionen Versuchstiere sind dafür in den letzten Jahren „verbraucht“ worden.
Mit den neu entwickelten Manipulationsverfahren wie CRISPR könnte nicht nur die Anzahl der Gentech-Tiere gewaltig in die Höhe schnellen. Auch das Spektrum der Tierarten im Gentech-Zoo wird voraussichtlich drastisch ausgeweitet. CRISPR ist nicht nur einfacher, billiger und schneller als die bisherigen Manipulationsverfahren. Mit CRISPR können auch Genveränderungen herbeigeführt werden, die mit den alten Methoden nicht möglich waren.
In einer Zellkultur mit embryonalen Schweinezellen ist es Forschern an der Harvard University gelungen, insgesamt 62 Kopien eines Gens unschädlich zu machen, das für die Vermehrung des Schweinevirus PERV verantwortlich ist. Diese Retroviren gelten als ein großes Gesundheitsrisiko, wenn Schweine als Organspender eingesetzt werden sollen. An der University of Missouri ist es einem Forscherteam gelungen, Schweine mittels CRISPR immun gegen ein schädliches und weit verbreitetes Virus (PRRSV) zu machen. Einen Impfstoff gegen dieses Virus gibt es bisher nicht.
In Kalifornien sind mit CRISPR hornlose Rinder gezüchtet worden. Am Guangzhou-Institut für Biomedizin und Gesundheit in China hat sich ein Forscherteam darauf spezialisiert, Hunde zu optimieren. Eines ihrer ersten Ergebnisse sind Hercules und Tianggou, zwei Beagles, die durch das Ausschalten einer Genfunktion besonders muskulös sind. Gedacht wird daran, diese Hunde speziell für die Polizei oder die Jagd zu optimieren.
Die Forscher arbeiten zudem daran, Hunde mit menschlichen Erbkrankheiten wie Parkinson oder Muskeldystrophie auszustatten. Sie sollen als Labortiere zur Erforschung der Krankheiten eingesetzt werden. Etwas weiter sind die Forscher vom chinesischen Genominstitut BGI. Dort sind Minischweine hergestellt worden. Für 1.600 Dollar sollen sie als Haustiere verkauft werden.
Salat, Weizen, Reis ...
Genkanonen und Schrottschussexperimente gehören bei Pflanzengenetikern schon länger der Vergangenheit an. In den letzten drei Jahrzehnten haben die Geningenieure an ihren Werkzeugen so gefeilt, dass sie immer effektiver wurden. In den letzten Jahren wurde Genmanipulationen an Pflanzen zumeist mit Agrobacterium tumefaciens durchgeführt. Mit dem Bodenbakterium, das bei Pflanzen Tumore auslösen kann, wurden die neuen Gene in das Pflanzengenom eingeschleust.
Mit den neu entwickelten Gen-Editing-Verfahren wie etwa CRISPR soll das jetzt nicht nur genauer ablaufen, sondern auch billiger und schneller. So sollen die transferierten Gene genau an festgelegten Stellen im Genom eingefügt werden können. Zuvor war es weitgehend dem Zufall überlassen, an welchen Genorten das neue Gen eingebaut wurde. Auch konnte nicht richtig gesteuert werden, wie viele Genkopien integriert wurden.
Dazu kommt, dass mit der CRISPR-Methode punktgenau einzelne Basenpaare auf dem DNA-Strang herausgeschnitten oder ausgetauscht werden können. Ein Vorteil ist auch, dass in wenigen Wochen eine neue Pflanze kreiert werden kann. Erste Gewächse sind bereits in den Laboren entstanden: unter anderem Reis, Weizen, Salat.
Die neue Methode wird aber vor allem als Werkzeug zum Studium der Genfunktionen eingesetzt. Der schwedische Pflanzenforscher Stefan Jansson untersucht zum Beispiel die verschiedenen Prozesse der Photosynthese in der Modellpflanze Aker-Schmalwand. An der Universität Umeå bereitet er Freisetzungsversuche vor.
Jansson setzt darauf, dass seine Pflanzen nicht als „gentechnisch veränderte Organismen“ (GVO) eingestuft werden, sodass er ohne Genehmigungsantrag und ohne Sicherheitsauflagen ins Freiland gehen kann. Andernfalls will er seine Freisetzungsexperimente ausfallen lassen. Gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Nature sagte er, das würde so zu teuer werden. In den USA sind die Pflanzen schon als Nicht-GVO eingestuft worden. In der EU wird darüber noch gestritten.
Leser*innenkommentare
65572 (Profil gelöscht)
Gast
"Die Versuche dürfen aber nur an bis zu sieben Tage alten Embryonen durchgeführt werden. Anschließend müssen die Embryonen getötet werden. Mit dieser Regel soll sichergestellt werden, dass ausschließlich Forschungsziele verfolgt werden."
Damit soll sichergestellt werden, daß Embryonen weiterleben solange die Methode nicht etabliert ist. Ist erstmals sichergestellt, daß die gewünschten Änderungen in den relevanten Zellen auch realisiert wurden, fällt höchstwahrscheinlich die 7-Tage-Grenze und ab geht's in die Gebärmutter.
Christian
Je mächtiger und präziser das Werkzeug CRISPR wird, desto aussichtsloser und unkonstruktiver wird das luddistische Gejammer der kategorischen Gentech-Gegner.
Ist die gezielte Veränderung von Tieren, Pflanzen und von allem Menschen, nicht im Zeitraum von Generationen sondern von Wochen und über Speziesgrenzen hinweg eine enorme Herausforderung und eine tiefgreifende Veränderung mit enormen Risiken? Aber natürlich!
Nur wann haben die konservativen Kräfte, die sich Fortschritt einfach nur entgegengestellt haben und die bitte bitte lieber alles so wollen wie früher jemals die Zukunft mitgeprägt?
Gerade wer hier Sorgen hat, sollte konstruktiv sein und nicht einfach nur den patriotischen Europäern gegen die Transhumanisierung des Abendlandes beitreten.
65572 (Profil gelöscht)
Gast
@Christian Wie meinen Sie das bitte?
Christian
Dass "ich will aber keine Gene in meinen Tomaten" auf Dauer nichts bringen wird. Es wäre schön, wenn die Bewegungen, die momentan noch in Totalablehnung verhaftet sind, für diesen wichtigen Umbruch zur Verfügung stünden.
Sorry wenn es verwirrend war, dass ich Linke und Grüne hier konservativ nenne, aber Linke und Grüne sind in dem Punkt einfach scheißenkonservativ und wollen ohne Sinn und Verstand einfach nur, dass alles so wird wie früher. Quasi die gleiche Geisteshaltung wie die der Gegner der Homoehe ... und mit ebensoviel Aussicht auf Erfolg.
65572 (Profil gelöscht)
Gast
@Christian Nun, man nicht jeden Idioten ernst nehmen der Angst vor Genen hat, jedoch denke ich, im Zeitalter des Neoliberalismus ist das Konservative bezüglich technisch Machbaren das Mittel der Wahl um Schlimmeres zu verhüten. Gegnern von patentierten Mäusen, die für bestimmte Krebsarten anfällig sind und denen der Homoehe, eine gleiche Geisteshaltung zu unterstellen, halte ich für ziemlich gewagt. Außerdem denke ich, Leserbrief sollten ohne Sekundärliteraturstudium verständlich sein.
H.G.S.
"Das Genominstitut BGI. Dort sind Minischweine hergestellt worden. Für 1.600 Dollar sollen sie als Haustiere verkauft werden."
Gegen derartige, "technisch machbare" Geisteshaltungs-Realisierungen wird meine persönliche Geisteshaltung unverrückbar konstant ("konservativ") bleiben.
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Gegen solche auch:
"Hunde mit menschlichen Erbkrankheiten wie Parkinson oder Muskeldystrophie auszustatten. Sie sollen als Labortiere zur Erforschung der Krankheiten eingesetzt werden."
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Auf ein noch anderes Beispiel hatte ich ja schon hingewiesen.
65572 (Profil gelöscht)
Gast
@H.G.S. Ich stimme zu, was kann das kleine Mäuslein dafür, daß wir uns den Utilitarismus ausgedacht haben, für den Schwachsinn der Minischweine möchte ich aber die Utilitaristen nicht verantwortlich machen. Das trifft eher die Kategorie "Die Sau ist ein wunderbarer Säuger" (Zitat offensichtlich stark bearbeitet).
H.G.S.
Meinen Respekt, für Ihre Positionierung in der Sache.
Der Zweck heiligt die Mittel, war schon immer eine Ingangsetzung ethischer Apokalypsen. Wer z.B. aus subjektiven Gründen eine moralische "Sünde" begeht, muss das für sich allein und gegebenenfalls mit den Betroffenen regulieren.
Aber gesellschaftliches Implementieren, eines solchen sich Vergreifens an wehrlosen Kreaturen, als Utilitarismus, lässt mich fundamental eiskalt werden, gegenüber auch den übrigen Interessen einer solchen Gesellschaft.
Christian
Wie gesagt, es gibt einen schier unendliche Zahl von ethischen Fragen, die hier geklärt werden müssen. Und gerade deshalb darf niemand in Fundamentalopposition verhaftet sein. Wessen Welt in Zucht = weiß und Gentechnik = schwarz zerfällt, der hat sich de facto aus der Diskussion verabschiedet.
Und von den Ludditen hatte ich angenommen, das sie neben dem Unabomber *das* bekannte Symbol für Technikfeindlichkeit darstellen.
H.G.S.
-?-„Diese Hunde durch das Ausschalten einer Genfunktion besonders muskulös sind. Gedacht wird daran, diese Hunde speziell für die Polizei oder die Jagd zu optimieren.“-?-
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Schön, dass all das eigentlich nur als Vorbereitung für die „Optimierung“ von Menschen gedacht ist. Wirklich sehr schön. Bei den Forschern persönlich, scheint ja „das Ausschalten einer Genfunktion“ schon einstmals gut geklappt zu haben. Besonders muskulös, war andererseits bei ihnen persönlich, wohl irgendwie schief gegangen, in Richtung besonders intensiv-blöd. Wieso bekommen eigentlich solche Forscher-Mutanten einen dermaßen gesellschaftlichen Stellenwert? Wie heißt es im Artikeltext: „Müssen nach 7 Tagen getötet werden.“ Also, die Halbarkeit des unverlogenen Nutzens solcher Typen ist endgültig abgelaufen.-Aber vielleicht gibt es ja- gruselgrusel-, schon genug mutierte Politiker die „durch das Ausschalten einer Genfunktion“ vor lauter Geldgier-Geifer, immer wie blöde, jaja sagen werden.
Lowandorder
Mit Verlaub - ich glaubs ja nicht!
Na schön - wie ich hier erneut lese -
Sind die Schrotposten in den
Genlabors verfeinert - ein Glück¿!
Dazu wird dann ein Zettelkasten Aufgeblättert - Mit was so grad
Auf dem Gebiet am Start ist - &
ÜBERRASCHUNG - in
Usa - Schon alles paletti!
Ergo ~> tatkräftig nach der
1. Werbeeinblendung du taz
" Neue Methoden zur Genmanipulation
Einfach, schnell und nicht teuer
Mit CRISPR soll das Verändern eines Gens so einfach werden wie das Editieren eines Textes. Wie die Methode funktioniert und was das Problem ist...." http://www.taz.de/Neue-Methoden-zur-Genmanipulation/!5287387/ & zack
2. Werbeeinblendung du taz hier ~>
"Die neuen Möglichkeiten von CRISPR Mensch, Tier und Pflanzen Forscher hoffen, dass sie mit CRISPR zukünftig Krankheiten heilen können. Bei Tieren und Pflanzen wird das Verfahren schon eingesetzt. Hier einige Beispiele..."
Na bitte - Geht doch!
("Anzeige" - eingeblendet¿ - nö!)
Ergo ~> 2. Fehlanzeige du taz hier -
Die vom Start weg ungeklärte
Fragestellung - bei Kernen -
(ebenso wie im Atom-Bereich ~> & bereits dort fehlbeantwortet!!)
Erneut also gefragt im Genbereich ~>
"Anythings goes?!" really really ?
vulgo - Was geht - wird auch - Gemacht?! - really really ? & hier ~>
Schlicht - Fehlanzeige! Geht's noch?!
Passend dazu - Obige neoliberale Anpreise - Nicht nur peinlich! Nein!
Nein! - Journalistisches Handwerk - ¿!
Geht einfach anders! Mal ehrlich -
Ist das wirklich zu viel verlangt?!
Christian
@Lowandorder Soll man das lesen können, was du da schreibst?
H.G.S.
Das sagt der Richtige! Jedenfalls kann man "das", denkend sehr gut nachvollziehen.-
Woran, bei Ihrem Text um 20:37 Uhr, nicht nur @Michl Mond gescheitert ist. (?)
Christian
Was ist daran schwer zu verstehen? Ich benutze keine randomisierten Satzzeichen und ich breche nicht mitten im Satz die Zeile um.
Die Pegida-Referenz kann man vielleicht etwas kryptisch nennen und Transhumanismus und Luddismus sind Bewegungen, die man kennen muss, um die entsprechenden Sätze zu verstehen. Zur Not kann man die aber nachschlagen. Ansonsten kann ich beim besten Willen nichts erkennen, das dem Leseverständnis im Weg stehen könnte.
Anders ~> & als das - ¿! hier!!
65572 (Profil gelöscht)
Gast
Froh kann man sein, daß im Gentechniklabor nicht mehr mit Schrott geschossen wird. Zu meiner Zeit nicht mal mit Schrot und selbst da wurden mit der Methode keineswegs neue DNA-Abschnitte (vulgo Gene) integriert sondern lediglich durch Scherkräfte lange DNA-Abschitte verkleinert um sie sequenzieren zu können. Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Shotgun_Sequencing