standbild: Die magische Zahl Sechs
„Familiengeschichten“ (Mo., 20.15 Uhr, Arte)
„Familien in den unterschiedlichsten Aggregatzuständen“ wollen sie zeigen, und so heißt das neue „Highlight für Arte“ (Programmchef Victor Rocaries) dann auch „Familiengeschichten“: Sechs Familien aus sechs Ländern leben sich hier in jeweils sechs (!) Folgen aus, mal als packendes TV-Drama, mal als Melodram.
Den Anfang macht diese Woche Wales: Pen Tennyn, zu Deutsch „Die bittere Wahrheit“ ist bestes britisches Fernsehen. Schon nach der ersten 30-minütigen Folge ist klar: Die Ehe von Glyn und Marian hängt in den Seilen, Nebenbuhler Tiwdor ist der Nachbar von nebenan, über allem nervt Schwiegermutter Gaynor, bei der man mangels üppigerer Finanzen wohnt, und die minderjährige Tochter Ceri hat ein Verhältnis mit dem Kleinstadt-Krawallo Kevin.
Und natürlich ist auch noch Weihnachten.
Während sich Glyn und Marian im Pub ausgerechnet beim Country and Western Fest vergnügen, rauben Ceri und Kevin mal eben die örtliche Videothek aus, die – „Familiengeschichten“! – Marian gehört, knacken ein Auto und überfahren damit eine Frau: Marian.
Abschreckend? Mitnichten. Regisseur Garteh Lloyd Williams macht aus dem dicht gedrängten Elend ein episches Drama, das packend in bester Jimmy-McGovern-Manie („Für alle Fälle Fitz“) in die Handlung hineinsaugt. In Deutschland kann das keiner. Nur: Nach ganzen 30 Minuten ist schon wieder Schluss, Fortsetzung in 24 Stunden.
Nun ist die Produktion des walisischen Fernsehens S4C ein klassisches TV-Drama – und dessen Einteilung in Halbstundenhäppchen absurd. Dieser „völlig neue Ansatz auf dem Gebiet des Fernsehfilms“ (Rocaries) zerstört diesen Film zwar nicht, stört aber gewaltig. Und auch die bis zu den Mitte Dezember folgenden „Familiengeschichten“ aus Tschechien, Frankreich, Norwegen, Katalonien und Deutschland machen nicht den Eindruck, als Episodenfilmchen konzipiert zu sein.
Der Einstieg in „Die bittere Wahrheit“ ist dennoch auch jetzt möglich – und lohnt: Während Marian mit dem Tod ringt, muss Ceri beim Weihnachtsessen die Fassung bewahren ... (täglich 20.15 Uhr) STG
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