■ Soundcheck: Die letzten tage von St. Pauli
Morgen und Sonntag: Die letzten Tage von St. Pauli. Ein Sommerfest auf einer umzäunten, großen Verkehrsinsel zwischen Simon-von-Utrecht- und Budapester Straße: Der kaum ermüdliche Einsatz von Pascal Fuhlbrügge hat das wilde Gestrüpp neben Heinz Karmers Tanzcafé in einen Tanzboden aus moosig weichen Grashubbeln verwandelt. Die im Rund aufgestellten, ein kleines bißchen an Plumpsklobalken erinnernden Sitzgelegenheiten erlauben einen Blick auf das Häuschen des DJs, eine Mischung aus Kabuff und Augsburger Puppenkiste.
Wer sich niederläßt, wähnt sich entweder am Ankunftsort einer Landpartie, einem Grundstück, das sich ein paar nette Hippies selbst zugeeignet haben, um dem Stadtleben zu entgehen.
Möglich aber auch, daß der Gast sich fühlt wie auf den allerersten Feten, zu denen er es als Halbwüchsiger hin schaffte: Die Zeit vergeht zwischen unsicherem Umgucken, dem Versuch, das aufkommende Gefühl von Leere zu verscheuchen, und der Bemühung, das Dabeisein zu genießen.
Beim ersten Versuch, das Sommerfest zu begehen, wirkte denn auch vor allem der DJ Bernard Iveaux dem Eindruck entgegen, daß sämtliche Anwesenden gerade mitten durch ein Stück von Anton Tschechow durchgegangen sind. Für heute haben sich Lolek, Bolek und Börek alias das Spackomat-Soundsystem angesagt. Bei dem flotten Dreier handelt es sich um eine Art Aldi-Dream-Team, das Platten auflegt, statt Hunde zu erschießen.
Herbert Zorn von Groove City legt am Sonntag auf, nachdem Atlantik Knarf Rellöm Auszüge aus seinem Musical Dithmarschen sehen und durchknallen im Gras aufgeführt haben wird. „Die letzten Tage von St. Pauli“: Liebe in Frieden.
Kristof Schreuf
Heinz Karmers Tanzcafé, Sonnabend und Sonntag, jeweils ab 17 Uhr
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