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Die letzte weiße Farmerin im KongoZivilcourage im Blümchenkleid

Nicole Merlo, die letzte weiße Farmerin in Ostkongos Kivu-Provinzen, ist tot. Ihr Leben versinnbildlicht die Zerstörung eines Paradieses.

Sie lebte in einem Haus voller Erinnerungen: Nicole Merlo. Bild: privat

Man kann es sich heute kaum noch vorstellen, aber das von Massakern und Flüchtlingsdramen geplagte Hochland der Kivu-Provinzen im Osten der Demokratischen Republik Kongo genoss vor Jahrzehnten unter Weißen der Region einen ähnlich legendären Ruf wie das Hochland von Kenia ("Die weiße Maasai"). Es war - oberhalb der lästigen Malariagrenze - eine Bilderbuchlandschaft aus jungfräulicher Erde, die nur darauf wartete, von energischen Siedlern wachgeküsst zu werden. Es gab eine florierende Farmen- und Plantagenökonomie, gegründet von den Kolonialherren in Belgisch-Kongo. "Die Schweiz Afrikas" hießen die Ländereien der Masisi-Berge, die sich westlich des Kivu-Sees an der Grenze zu Ruanda düster in den Himmel der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu zu erstrecken scheinen, sich aber oben als Abfolge lichter Hügelketten mit duftenden Bergwäldern und satten grünen Weiden erweisen.

Nicole Merlo war die letzte der weißen Farmer, die nach Zerstörung dieses Paradieses durch Krieg und Vertreibung noch in der Region geblieben waren. Die resolute, stämmige, weiße Kongolesin lebte zuletzt auf der ruandischen Seite der Grenze, in der Stadt Gisenyi in einem Häuschen voller alter Erinnerungen, Möbel und Hunde, umgeben von Bananenhainen und einer Orchideenzucht. Ihre Ländereien hatte sie Mitte der 1990er-Jahre verloren, als ethnische Milizen die Großfarmer verjagten.

In der Nacht zum Montag ist Nicole Merlo im Alter von 67 Jahren an Krebs gestorben, die letzte weiße Siedlerin des Kongo und Zeugin einer versunkenen Welt. Bei einem ihrer letzten öffentlichen Auftritte in Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma erzählte sie von früher, als noch große Rinderherden über die Berge zogen und die Menschen Arbeit hatten: Die Kinder hatten jeden Tag Milch zu trinken, es gab genug zu essen für alle; heute wüssten die Kinder in Goma oder Masisi gar nicht mehr, wie Milch schmeckt, und wer jeden Tag etwas zu essen hat, gehört schon zu den Privilegierten. Beim Erzählen flossen ihr die Tränen über die knorrigen geröteten Wangen. Manche kongolesischen Zuhörer hielten das für Theater, aber Merlos Empörung darüber, dass Diebe und Mörder ihre Heimat Kongo zerstört haben, war echt. Sie konnte sich damit nicht abfinden. Das können viele Kongolesen auch nicht, aber ohne das Privileg der weißen Hautfarbe müssen sie Diskretion wahren.

Für viele in Afrika geborene Weiße ist das Privileg der Hautfarbe zugleich ein Fluch, denn obwohl man sich als Afrikaner fühlt, kann Afrika einen jederzeit verleugnen. Die lokalen Sprachen akzentfrei zu sprechen und damit Plünderer, Bürokraten oder Soldaten zu verwirren kann da lebensrettend sein. Wenn Merlo ihre Nachbarn in Gisenyi ungebeten im Blümchenkleid zum Frühstück besuchte, verriet sie gerne schelmisch, was sie sich als Nächstes ausgedacht hatte, um ihre brachliegenden Ländereien "drüben" zurückzubekommen. Oder sie schimpfte wütend, welcher Idiot, der sich in Goma einen politischen Posten und damit das Recht auf Mord und Totschlag erschlichen hatte, ihr in die Quere gekommen war. Ihre Hartnäckigkeit war Zivilcourage, und daraus konnten auch nichtweiße Kongolesen Hoffnung schöpfen. Auch wenn sie privat freundlich über die weiße alte Dame lästerten, die nicht weniger gerissen sei als ein Warlord.

Eine Bilderbuchlandschaft: Masisi in der ostkongolesischen Provinz Kivu. Bild: federation.xtreemhost.com

Die Ordnung der knapp 300 Farmen Masisis war in Wirklichkeit weniger stabil als in Merlos Erinnerung. In der Kolonialzeit siedelten sich Belgier an, nach der Unabhängigkeit auch Kongolesen, zumeist ruandischsprachige Tutsi. Manche vermischten sich per Heirat, und so entstand eine schwerreiche Schicht von "Mischlingen". Zugleich hatte die Kolonialmacht zehntausende Hutu aus Ruanda als Arbeitskräfte nach Masisi geholt. Andere Ethnien verloren Landbesitz. Daraus entstand eine explosive Konstellation von ethnisch ausgedrückten Sozialkonflikten.

Nicole Merlo selbst stößt erst durch Einheiraten in die Schicht der Großgrundbesitzer vor. Geboren in Ostkongos größter Stadt Bukavu, bricht sie mit 12 Jahren die Schule ab, um auf der elterlichen Hühnerfarm zu arbeiten. Durch Heirat wird sie 1963 Landbesitzerin, im Laufe der Jahrzehnte erwirbt sie sieben Farmen aus enteignetem Kolonialbesitz. Ein Schwiegersohn leitet Nord-Kivus Viehzüchtervereinigung. Sie selbst arbeitet nebenbei an der belgischen Schule in Gisenyi, und während des ruandischen Völkermordes bringt sie gefährdete Tutsi-Schulkinder über die Grenze in den damals noch sicheren Kongo. Aber als die für den Völkermord verantwortlichen Hutu-Kämpfer ebenfalls nach Kongo weiterziehen, beginnt auch dort die Jagd auf die Tutsi. Die Rinderherden werden geplündert. Zehntausende Menschen finden den Tod. Fast alle Farmen werden komplett zerstört. Eine Kette von Kriegen beginnt, die bis heute andauert.

Die Schönheit der Masisi-Berge erschlägt noch heute jeden Besucher, aber die Spuren von sechzehn Jahren Krieg sind unübersehbar. Einst mächtige Bergwälder wurden für Holzkohle gefällt. Den Feldern auf den Hängen sieht man den Niedergang deutlich an, nur Subsistenzwirtschaft findet noch statt. Es gibt wieder Viehherden, aber es ist Zucht auf eigene Gefahr. Merlos einstiges Farmhaus Kirolirwe ist ausgebrannt und diente in vergangenen Jahren dem Tutsi-Rebellenführer Laurent Nkunda als Feldhauptquartier; da prangte im ehemaligen Salon in dicken roten Buchstaben über dem verrußten Kamin die Revolutionsparole "Gerechtigkeit ergeht im Namen des Volkes".

Es wachsen jetzt im Ostkongo neue Generationen auf, für die Macht nur aus Gewehrläufen kommt. Wer Geld verdienen will, geht nicht mehr in die Landwirtschaft, sondern in den schnelllebigen Mineralienhandel. Wer Geld hat, investiert nicht mehr in Farmen oder Unternehmen, sondern erwirbt einen Jeep, auch wenn der auf Kivus Staubpisten kaputtgeht, und baut eine Villa mit Marmorböden und goldenen Wasserhähnen, auch wenn es weder Strom noch fließendes Wasser gibt. Lebensmittel werden teuer importiert statt lokal produziert; wer sich die nicht leisten kann, muss hungern, und das ist die Mehrheit. Die alte Ordnung ist weg, und mit jedem Jahr und jedem Toten verblasst die Erinnerung an die einst blühenden Landschaften ein wenig mehr. Aber wer bis jetzt durchgehalten hat, weist reiche neue Erfahrungen des Überlebens vor. Und wenn die Gefühle auf der großen Trauerfeier gestern ehrlich waren, ist die Hoffnung nicht verloren. Auch wenn Merlos letzter Wunsch, bei ihrem verstorbenen Mann in Masisi begraben zu werden, nicht erfüllt werden konnte. Sie liegt in Gisenyi, unter ihren Orchideen.

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15 Kommentare

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  • JK
    Joseph Kappler

    Interessant die Kommentare von Leuten zu lesen die Afrika nur von Filmen und TV kennen. Ich war als Monteur von Wasserkraftwerken vor und nach Beginn der Unabhängigkeit im Belgisch Kongo. Zuletzt in Bukavu. Dieses Städtchen war von der Lage und Klima her ein Juwel. Die schwarze Bevölkerung war friedlich und freundlich und gerne fröhlich. Mit unseren schwarzen Mitarbeitern hatten wir nie Probleme. Uns tut die schwarze Bevölkerung leid. Konolisationsromantik? Zu unserer Zeit hatte die einheimische Bevölkerung Arbeit, Frieden, Schulen, medizinische Versorgung und genug zum Essen und man konnte sich auch nachts ohne Angst im Freien bewegen. Ich glaube die heutigen Machthaber werden nie den Frieden garantieren können. Ob der Tausch zur Unabhängigkeit ein Erfolg ist? Bald 50 Jahre Krieg zeigen ein anderes Bild. Leiden muss die arme Bevölkerung.

  • P
    Patrick

    Schon eigenartig,dass der Tod einer einzelnen weissen frau,deren Lebensgeschichte sich,abgesehen von ihrer Hautfarbe,wohl nur geringfügig von der anderer Bewohner dieser Region unterscheidet,zu einer Art Tragödie hochstilisiert wird,während bedeutende schwarze Afrikaner in dieser Region sterben,ohne dass auch nur ein Hahn in der deutschen Presse danach kräht.Hier wird zudem unterschwellig so getan,als seien es die fleissigen weissen Siedler,die als einzige dazu in der Lage sind,das fruchtbare Land zu bestellen,während die schwarze Bevölkerung nur in Zusammenhang mit ihrer ethnischen Gruppe eine Bedeutung erhält,um als Kontrast zum friedliebenden und fleissigen weissen Siedler ein wenig Gewalt,Machtmissbrauch und Habgier zu repräsentieren.Mit der Art,wie dieser Artikel geschrieben ist,kann sich wohl kein Ruander oder Kongolese identifizieren,der nicht von der Überlegenheit der Weissen überzeigt ist.

  • U
    UweRietmöller

    Vielen Dank für diese ehrliche Bestandsaufnahme.

    Und bitte lasst Euch nicht durch die Rumpelstilzchenattacken (Kolonisierung und das Taktieren der Kolonialmächte) der Sozialmafia und den Fake des angebl. „Weißen Afrikaners“ aus dem Tritt bringen.

    Man fragt sich schon wie es möglich ist, dass der afrikanische Anteil am Welthandel von 9% 1960 auf 1% heute sinken konnte.

     

    Was der Kolonialismus damit zu tun hat, das wüsste ich schon gern. Denn immerhin haben die pösen Weißen Kolonisatoren die Sklaverei abgeschafft und die Schriftsprache eingeführt.

     

    Und warum ist das eigentlich so, dass die ehemaligen Kolonien in Ostasien eine dynamische Entwicklung nehmen, Afrika jedoch ins Chaos zurückfällt?

  • KS
    Karl Steinacker, Goma (DR Kongo)

    Dominic Johnson versteht sein journalistisches Handwerk. Man muss von ideologischer Blindheit geschlagen sein, um in seinem Artikel entweder Kolonialromantik oder eine nachtraegliche Rechtfertigung des rhodesischen Siedlerregimes zu sehen. Ich kannte Frau Merlo nicht persoenlich. Allerdings besuche ich eine Ihrer Grossfarmen regelmaessig, da sich dort ein Vertriebenenlager und direkt daneben ein Militaerlager befindet. Auch Frau Merlo ist ein Spiegel sozialer Verhaeltnisse im Kongo. Sie war Taeterin und Opfer. Das hat sie mit denen gemeinsam, die in zerstoerten Gesellschaften leben muessen und die Welt nicht als Folie ihrer Vorurteile und aus sicherem Abstand Europas betrachten koennen. Wer den Kongo verstehen will kann ruhig Dominic Johnsons Artikel als Einstieg benutzen. Kwa heri.

  • WA
    Weißer Afrikaner

    Ich bin einer dieser "weißen", die Zimbabwe verlassen mussten, und bin sehr darüber verwundert auch in Leserbriefen der taz Kolonialrimantiker antreffen zu müssen, und die dies dann auch noch als "ideologiefrei" zu bezeichnen. Kommt ihr auch mal aus Deutschland raus? Eine Dekolonisierung Europas hat wohl auch noch nicht stattgefunden.

  • JO
    James Oldendorf

    Ein interessanter Artikel. Sicher ist die Sichtweise einer in Belgisch Kongo aufgewachsenen Person ein anderes als jenes von denen die die Situation nur von außen bewerten (sowohl positiv als auch negativ geprägt). Sicher floss auch in diese Zeit nicht für jeden die Milch in Strömen. Genauso sicher ist aber auch das gerade der Ostkongo heute die Hölle auf Erden ist und niemand mehr in Sicherheit oder Ruhe dort leben kann. Ungeachtet der langen Geschichte außländischer Einmischungen (Belgien, Deutschland, Grossbritanien, USA, UDSSR, China) ist es den Kongolesen bis heute nicht gelungen auch nur im kleinen ein funktionierendes Staatswesen aufzubauen. Eine solche Kolonialgeschichte haben (leider) viele Länder, die es aber trotzdem irgendwann geschafft haben eine funktionierende Gesellschaft aufzubauen. Bei meinen Besuchen in der Region musste ich aber leider feststellen das es heute vorallem die einheimischen "Lokalgrößen" sind, die Ihre eigenen Landsleute auf eine Weise behandeln die die damaligen Kolonialherren wohl erbleichen lassen würde.

  • A
    alberto

    Nicole war eine Freundin, sie war eine besondere Person. es wird uns fehlen. lebe wohl Nicole

  • F
    fluxus

    @Thomas Gauss (rechtes Lager):

     

    Und wie kommen Sie zu der irrsinnigen Annahme, dass alle diese von Ihnen erwähnten negativen Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent nicht ursächlich mit der Kolonialgeschichte (und seiner neokolialen Fortführung) zusammenhängen? Ich wäre ernsthaft an einer Antwort darauf interessiert.

  • TG
    Thomas Gauss

    Hehe ich lach mich kaputt.

     

    Muss ich jetzt zum ersten mal die taz verteidigen weil sie sich endlich mal von ihrem verblendeten Gutmenschen-Kurs entfernt ?

     

    "Brodauf" und "Enttäuschte Leserin" scheinen wohl nicht damit einverstanden zu sein, dass die taz auch mal realitätsnah und ohne ideologische Brille berichtet.

    Passt halt nichts ins festgefahrene linke Weltbild !

  • U
    Usambaras

    Danke, Herr Johnson für diesen guten und ungewöhnlichen Artikel. Er zeigt, wie tiefgehend sich der Autor mit den Realitäten in Ost- und Zentralafrika ausgekennt und ideologiefrei über sie berichtet, ohne irgendwas zu verklären oder zu beschönigen. Die Kommentare einiger Leser hingegen veranschaulichen gleichzeitig mal wieder, wie verbohrt ein Teil der TAZ-Leser die Welt unter dem Diktat der eigenen Ideologie betrachtet.

  • B
    Brodauf

    Kolonialromantik - das trifft es sehr gut. Ein merkwürdiger, auch stilistisch zweitklassig, wirrer und generell irreführender Text über den Kongo. Was kommt als nächstes - eine Hymne auf König Leopold II?

  • EL
    Enttäuschte Leserin

    Vielen Dank für den Vor-Post!

     

    Mit diesem Artikel hat die TAZ mal wieder bestens gezeigt, dass sie weder gut recherchiert und differenziert berichtet, noch dass sie eine alternative zu anderen Zeitungen bietet.

    Im Gegegenteil: Mit dieser unverschämt schlechten Kolonialromantik hat sich die TAZ selbst an der Kolonisation beteiligt!

  • LK
    Lanzelott Kaufmann

    @Krämer:

     

    Shut the fuck up! Wirklich unnötig, Johnson hier Kolonialverherrlichung vorzuwerfen! Jeder taz-Leser, der sich für diesen Artikel interessiert, wird auch vom Rest der Geschichte eine grobe Ahnung haben. Man muß ja nicht in jeder Meldung aus Afrika reflexartig auf die bösen Rohstoffmultinationals und den westlichen Imperialismus eindreschen. Daß Kolonialismus mehr schlecht als recht war, werden sie hier niemandem erklären müssen. Erst recht nicht der armen Madame Merlo.

  • TG
    Thomas Gauss

    Interessant das nun sogar die taz anzuerkennen scheint, dass der "weiße Mann" nicht nur Schlechtes über Afrika gebracht hat.

     

    Am Beispie Simbabwe sieht man ja mehr als deutlich zu was vom Westen hochgelobte sog. Freiheitskämpfer taugen. Weiße werden enteignet und vertrieben und das Land versinkt darauf hin in Hunger und Elend. Die Kornkammer Afrika wurde zum Armenhause Afrikas.

     

    Vielleicht stünde es dem linken Lager insgesamt gut an, ihre antiquierten und verblendeten Ansichten gründlich zu überdenken.

     

    Beispiele gibt es ja genug, dass eben kaum etwas besser geworden ist seit dem Ende des Kolonialismus.

    Bsp. Südafrika: Der ANC ist gerade dabei Südafrika zu einem zweiten Simbabwe zu machen. Weiße verlassen fluchtartig das Land und hinterlassen ein von der schwarzen Bevölkerung nicht zu füllenden Vakuum.

  • K
    Krämer

    Was ist denn das hier für eine seltsame Kolonialromantik! Der Text erkennt zwar selbst, dass die Konflikte im Kongo letztlich auf die Kolonisierung und das Taktieren der Kolonialmächte auch nach der formellen Unabhängigkeit rückzuführen sind und dennoch suggeriert die Romantisierung der Realität der weißen Farmerin, dass nur weiße effektiv Landwirtschaft betreiben können. Schwarze dagegen können laut Artikel anscheinend lediglich Konflikte schüren und das Land unbrauchbar machen.

    Vielleicht mag die Person mit ihrem Einzelschicksal auch gegen die Konflikte etc gewirkt haben, dennoch sollte m.E. bezüglich der regionalen Konflikte im Kongo ein historische Analyse im Vordergrund stehen, die die Folgen der Kolonialherschaft der "Weißen" angemessen einbezieht! Nicht mit einem Wort erwähnt der Artikel beispielsweise die Interessen westlicher Akteure an den Rohstoffen der Region für deren Abbau die jungen Kongoles_innen die Viehzucht vernachlässigen und die eine wichtige Rolle in allen Konflikten der Region spielen. Auch erklärt der Artikel nicht die Rolle der Kolonisation für die Ehtnisierung und schließlich Eskalation des Konfliktes zwischen Hutu und Tutsi. Die deutsche Auseinandersetzung mit Kolonialismus ist schon schlecht genug - da muss die taz als "linke" Tageszeitung nicht auch noch an der Verklärung der Kolonisation mitwirken!