: Die faulen Tricks der Trierer Justiz
■ Fahnderin des Staatsanwalts verkleidete sich im Einsatz gegen Grünen als Journalistin / Dienstaufsichtsbeschwerde
Aus Trier Felix Kurz
Angefangen hatte alles mit dem Anruf einer scheinbar harmlosen Journalistin des Trierer Echo. Die Frau am Hörer wollte von dem Trierer Regionalbeauftragten der Grünen Ewald Adams wissen, wer denn „der Mann“ gewesen sei, der am Stichtag der Volkszählung, am 25.Mai, auf einer öffentlichen Kundgebung in Trier die Kenn– Nummer eines Erhebungsbogens abgeschnibbelt hatte. Ewald Adams verweigerte die Antwort. Er hatte recht. Denn bei der Anruferin handelte es sich - das kam später heraus - um eine Kriminalbeamtin, die im Auftrag des Trierer Staatsanwalts Horst Leisen handelte. Die verdeckte Ermittlungstätigkeit kritisierte auch der Chef Leisens, der Leitende Oberstaatsanwalt Heinz Hammen. Ansonsten aber genießt Leisen nach wie vor jegliche Rückendeckung. Nachdem der erste illegale Versuch, den Namen des „Bogenzerstörers“ zu erfahren, fehlgeschlagen war und sich Ewald Adams auch in einer dann offiziellen, mehrstündigen Vernehmung geweigert hatte, den Namen zu nennen, betrieb Leisen gegen den Zeugen wider Willen ein Beugehaftverfahren. Hinter dem Rücken des Grünen. Erst die Entscheidung des Trierer Landgerichts, das die Beugehaft bereitwillig angeordnet hatte, wurde ihm mitgeteilt. Und nur rein zufällig erfuhr er, daß das Amtsgericht zuvor die Verhängung der Beugehaft abgelehnt hatte, weil deren Verhängung „zur Bedeutung der Strafsache außer Verhältnis“ stünde. Als sich der sogenannte Bogenzerstörer in einer Pressekonferenz dann am 18. August offenbarte, wollten mehrere Journalisten persönlich von Leisen und Hammen wissen, welche Konsequenzen das denn nun für Adams hätte. Die Staatsanwälte stellten sich taub. Sie fragten nicht einmal nach dem Namen des Bogenzerstörers. Daran haben sie wohl auch heute kaum ein Interesse. Vielmehr leiteten sie ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beleidigung gegen Adams ein. Der Kreisvorstand der Grünen Trier–Saarburg hatte nämlich in einer Presseerklärung Staatsanwaltschaft und Landgericht vorgeworfen, „Recht gebeugt“ zu haben. Daraufhin durchstöberten die Fahnder das Studio des Privatsenders RPR, das Grüne Büro und die Privatwohnung von Ewald Adams, der nicht einmal Mitglied des Kreisvorstandes ist, auf der Suche nach einer Pressemitteilung, die bereits im Trierer Volksfreund auszugsweise wiedergegeben worden war. Es hagelte Proteste. Justizminister Peter Caesar (FDP), traf sich sogar vertraulich mit dem Trierer Kreisvorstand der Grünen. Das ließ einige Staatsanwälte nicht ruhen. Nun geriet am Landgericht eine Richterin mit einem FDP– Parteibuch ins Schußfeld der staatsanwaltlichen Kritik, denn in ihr witterten die Staatsanwälte die Initiatorin des geheimen Treffens. Bleibt die Frage, wie man völlig zu unrecht auf die Frau kam. Die läßt sich klären. Bei der Durchsuchung der Wohnung von Ewald Adams beschlagnahmten die Ermittler auch ein privates Schreiben des Grünen an die betreffende Richterin. Was das Asservat Nr. 2 mit der Suche nach den Urhebern der Presseerklärung zu tun hat, wollte bei der Staatsanwaltschaft niemand sagen. Der rheinland–pfälzische Generalstaatsanwalt Hans–Joachim Ulrich jedenfalls mußte auf Anordnung des Justizministers schon zum zweiten Mal nach Trier fahren, um dort die „Gemüter zu beruhigen“, hieß es. Ob ihm das gelungen ist, wollte der CDU–Mann nicht sagen. Bislang billigte er das Verhalten der Trierer Ermittler, und das brachte ihm jetzt selbst eine Dienstaufsichtsbeschwerde der Grünen ein.
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