Die deutsche Bilanz in Sotschi: Wenigstens der Schlitten funktioniert

Nach der enttäuschenden Medaillenausbeute droht eine weitere Zentralisierung der Spitzensportsteuerung. Der DOSB will nun die Verbände genauer kontrollieren.

Olympiasieger Eric Frenzel: 27 Medaillen waren als Zielvorgabe ausgegeben, am Ende wurden es nur 19. Bild: dpa

SOTSCHI taz | Die Spiele von Sotschi, sie waren eine riesige Enttäuschung für den deutschen Sport. Ob das Nationalmarketing, in das der Staat fleißig investiert, erfolgreich ist, wird an Medaillen gemessen. 27 sollten es werden – mindestens. Das hatten die Führer des deutschen Sports, angeführt von DOSB-Präsident Alfons Hörmann, vor Olympia gefordert. Am Ende waren es 19.

Bernhard Schwank, der Leistungssportdirektor des DOSB zog am Samstag gnadenlos Bilanz. Curling – war nichts. Biathlon – bei den Frauen nichts mehr los, man müsse schon auf Juniorinnen zurückgreifen. Snowboard – Anschluss verloren, von den zwei Medaillen für die Frauen im Parallelslalom wusste Schwank da noch nichts. Ski Freestyle – absolute Nullnummer. Skeleton – athletisch ungenügend. Eisschnelllauf – „eine dünne Decke“, nichts als Pechstein und die Hoffnung auf eine erfolgreiche Karriere von Patrick Beckert. Bob – ungenügendes Material. Eishockey – mehr als Platz sieben für die Frauen war nicht drin. Langlauf und Eiskunstlauf – ganz in Ordnung.

Wie gut, dass die Deutschen so gut Schlitten fahren können. Die vier Medaillen der Rodler machen Schwank Hoffnung. Da gehe noch mehr, meinte er allen Ernstes. Es war eine traurige Bilanz, die die deutschen Spitzenfunktionäre da zu ziehen hatten. Und Schwank, Hörmann und der Chef de Mission, Michael Vesper, hätten gewiss noch karierter dreingeschaut, wenn nicht die erste Woche so hervorragend gelaufen wäre für die Deutschen.

Im deutschen Lager zehrte man noch am Ende der Spiele von dem Lob, das dem deutschen Team in den ersten elf Tagen der Spiele immer wieder zuteil wurde. „Ich komme mir vor wie nach einem Fußballspiel, bei dem man mit 4:0 geführt hat und das am Ende 4:4 ausgeht“, sagte Vesper in Anspielung auf jenes denkwürdige WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden, das die deutsche Nationalmannschaft im September 2012 in Berlin abgeliefert hat. Es war wohl witzig gemeint. Gelacht hat niemand.

Den Verbänden stärker auf die Finger klopfen

Verweise auf das italienische und französische Team, die ebenfalls nicht so gut abgeschnitten hätten, halfen ebenso wenig wie die Summe der Top-acht-Platzierungen. 53 waren das bis Samstagvormittag, genauso viele, wie bei den im Medaillenspiegel vor den Deutschen platzierten Nationen. Darüber, wie man auf das Ergebnis reagieren will, war nicht allzu viel zu erfahren. Schwank deutete jedenfalls an, dass der DOSB den Verbänden stärker auf die Finger klopfen werde. Das könnte auf eine weitere Zentralisierung der Spitzensportsteuerung hinauslaufen.

Man wolle stärker darauf achten, wie die Verbände, die mit dem DOSB abgesprochenen Programme umsetzen. Und Alfons Hörmann machte klar, dass sich die Politik nun überlegen müsse, wie viel ihr der Patriotismus wert sei, der mit dem Sport einhergehe. Säuerlich spielte er auf ein Interview an, das Dagmar Freitag, die Vorsitzende Sportausschusses im deutschen Bundestag, der Nachrichtenagentur DPA gegeben hat. „Ob allein die Höhe der Steuermittel der Garant für Erfolg ist, stelle ich nicht erst seit heute infrage“, hatte sie gesagt.

Hörmann wies auf Freitags Amt als Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletikverbandes hin. Als solche solle sie ruhig konkrete Vorschläge in die Gremien einbringen. Ansonsten frage er sich schon, „wie mit weniger Geld bessere Leistungen erzielt werden sollen“. 2013 waren 250 Millionen Euro aus Bundesmitteln in die Sportförderung geflossen. Weniger soll es zukünftig nicht werden. Für den Einsatz dieses Geldes ist der DOSB verantwortlich. Der musste in Sotschi feststellen, dass er vor allem in den Snowboard und Ski-Freestyle-Wettbewerben schon froh sein muss, wenn sich überhaupt ein deutscher Athlet für Olympia qualifiziert. Das seien „Höchstleistungsdisziplinen“ geworden.

Die Zeit, als es da noch „mit Gaudi und Spaß“ zuging, seien vorbei, so Hörmann. Bald könnte es also endlich eine Halfpipe auf deutschem Boden geben. Es klang wie ein Versprechen, was Hörmann da formuliert hat. Doch mit Geld allein werde man die Wende nicht schaffen. Thomas Pfüller, der Sportdirektor des Deutschen Skiverbands habe ihm gesagt, dass es bei den Skicrossern nichts mit Geld zu tun habe, wenn diese nicht erfolgreich seien. Es hörte sich an, als könne einer wie Florian Eigler, der Achter wurde in Rosa Chutor nicht Skifahren. Ein hartes Urteil, des Oberfunktionärs. Die Sportler werden es vernommen haben.

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