: Die britischen Elterngärten
Nach dem Vorbild des Pen-Green-Kindergartens fördert die Regierung Blair „Early Excellence Centres“. Das Augenmerk richtet sich dort auf die Kinder – und die Eltern
LONDON taz ■ Es ist ein außergewöhnliches Projekt – vor allem, weil es in Großbritannien beheimatet ist. In einem Land, wo der Bildungsstand ständig Prüfungen unterzogen und an den Ergebnissen gemessen wird, gibt es seit fast 20 Jahren ein erfolgreiches Projekt, bei dem Kinder bis fünf in Partnerschaft mit den Eltern gefördert werden.
Das Pen Green Centre liegt in der Pen Green Lane in Corby, einer Kleinstadt in Northamptonshire mit 52.000 Einwohnern. Früher war die Stadt ein Zentrum der Stahlindustrie. Heute ist davon nichts mehr übrig, die Stadt ist heruntergekommen. Das Pen Green Centre wurde 1983 gegründet, um den Kindern in dieser benachteiligten Gegend bessere Chancen zu ermöglichen. Das Zentrum wird gemeinsam von den Ministerien für Bildung und Soziales verwaltet, der Etat beläuft sich auf 430.000 Pfund im Jahr. Bei Pen Green arbeiten 30 Leute – Lehrer, Sozialarbeiter, Kindergärtner, Verwaltungsangestellte.
Die Hälfte der Kinder, die zu Pen Green kommen, werden von den Behörden vermittelt, weil die Eltern oder die Kinder Hilfe brauchen. Ziel ist es, die Stärken und Kompetenzen der Kinder zu erkennen und zu fördern. Darüber hinaus will man aber auch die Eltern in ihrem Selbstbewusstsein stärken – weil man erkannt hat, dass ohne ein Training für die Eltern der beste Kindergarten nicht richtig funktioniert. Die Blair-Regierung hat 1997 ein Programm gestartet, um unter dem Namen Early Excellence Centres Kindergärten nach dem Modell von Pen Green zu verbreiten. Bislang gibt es 35 davon, bis 2004 sollen es 100 überall in Großbritannien sein.
Bie Pen Green gibt es ein umfassendes Partnerschaftsprogramm, an dem in 15 Jahren mehr als 4.000 Eltern teilgenommen haben. In einem Merkblatt heißt es, dass „Eltern nichts intensiver berührt als die Vermittlung von Einsichten in das Verhalten des eigenen Kindes. Ihre Beteiligung kann grundlegende Effekte haben.“
1996 wurde eine Forschungsstelle in Pen Green eingerichtet, weil „die pädagogische Praxis ständige Anpassung und Überprüfung verlangt, wenn sie sich weiterentwickeln soll“, sagt ein Sprecher von Pen Green. Die Zusammenarbeit mit den Eltern soll so effektiviert werden. Die Erkenntnisse der Forschung werden daher zusammen mit den Eltern ausgewertet. Wichtig ist den Wissenschaftlern, dass ein Vertrauensverhältnis zu den Eltern aufgebaut wird, damit die Konsequenzen aus den Studien für alle nachvollziehbar sind.
In Berlin hat die Dürr-Stiftung geholfen, ein Modell einzurichten, das sich an Pen Green orientiert – ohne es zu kopieren, denn nicht alles ist auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Die Dürr-Stiftung arbeitet mit dem Berliner Pestalozzi-Fröbel-Haus zusammen, weil sie in dessen Konzept eine ideale Grundlage für die Weiterentwicklung in Richtung Pen Green sieht. Das Pestalozzi-Fröbel-Haus von 1874 bildet ErzieherInnen aus und betreibt auch selbst Kindergärten und Schulen. Vorbild sind zwar die Frühkind-Pädagogen Pestalozzi und Fröbel – aber mit Pen Green will man in die Zukunft schauen und die Early Excellence Centres weiter entwickeln. RASO
Pestalozzi-Fröbel-Haus: www.pfh-berlin.de. Eröffnung des ersten deutschen Early Excellence Centres am 15. September, Berlin, Schillerstraße 61/62
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