■ Kommentar: Die Wurst bleibt hier
Knapp vorbei ist auch daneben, weiß der Fußballer aus bitterer Erfahrung. Doch im Fall der beiden großen Reformvorhaben dieser Legislaturperiode, Bezirksverwaltung und Verfassung, wird es so leicht kein Rückspiel geben. Die Chancen auf eine wirkliche Veränderung der politischen Struktur Hamburgs sind vertan. Die halbherzige Bezirksverwaltungsreform wird nicht besser, nur weil man sie gegen einen selbstherrlichen Bürgermeister durchgesetzt hat. Denn hier gilt trotz Reform weiterhin: Brot für die Bezirke, aber die Wurst bleibt beim Senat.
An dieses zentralistische Prinzip schließt sich nahtlos die Volksgesetzgebung an. Große Bauvorhaben, sei es ein architektonischer Supergau in Form einer Bürostadt, Wohnghettos wie in Neugraben-Fischbek, Müllverbrennungsanlagen oder wuchernder Straßenbau, können mittels Volksgesetzgebung nicht verhindert werden.
Am schmerzlichsten aber trifft die wirklich Reformwilligen, daß die Änderung des Wahlrechts auf den St. Nimmerleins-Tag verschoben wurde. Statt Wahlkreisen wird es auch weiterhin Parteigekungel um die besten Listenplätze geben. Man hätte keine Zeit, argumentiert die CDU, sich auch noch um die Leute vor Ort zu kümmern. Aus den Bürgerschafts-HobbypolitikerInnen Profis zu machen, dazu hat sie aber auch nicht den Mut.
Schuld an den zu Kompromiß-Reförmchen geschrumpften Vorhaben tragen vor allem die großen Parteien. Denen war in jedem Einzelpunkt das Hemd näher als die Hose. So bleiben zwei Reformpakete, die irgendwie in die richtige Richtung stolpern. Dafür allein kommt man aber nicht in die Bundesliga.
Silke Mertins
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