Die Wochenvorschau für Berlin: Alles ist wie früher
Die EM geht los und die Kneipen stellen ihre Fernseher auf die Straße. Nur nicht am Rio-Reiser-Platz. Der muss noch ein bisschen warten.
Erinnert sich jemand noch an den Februar? Kalt war es und nass, brrr. Und jetzt? Hochsommerlich warm – und coronalocker auch noch. Wenn am Mittwoch die 71. Berlinale mit dem Film „The Mauritanian“ beginnt, steht auch so etwas wie die DNA der Berliner Filmfestspiele zur Debatte. Muss es wirklich immer Februar sein? Oder darf es auch 2022 eine Sommerberlinale werden?
Erinnert sich noch jemand an Michael Wendt? 1981 zog der damals 25-Jährige für die Alternative Liste ins Westberliner Abgeordnetenhaus ein. Er war einer von neun Abgeordneten, die die erste grüne Fraktion im Landesparlament bildeten. Am Donnerstag starten die Grünen die digitale Jubiläumsfeier „Volles Grün voraus“. Sie täten gut daran, dabei auch an Micha Wendt zu erinnern. Denn der war, lange vor Franziska Giffey, ein ebenso engagierter wie anerkannter Stadtrat in Neukölln, der sich für benachteiligte Jugendliche eingesetzt hat.
Ein wegweisendes Urteil ist am Freitag aus Karlsruhe zu erwarten. Der Bundesgerichtshof entscheidet dann in einem Nachbarschaftsstreit. „In dem Fall aus Berlin“, schreibt die dpa, „geht es um eine rund 40 Jahre alte Schwarzkiefer. Die Eigentümer des Grundstücks mit Kiefer wollen dem Nachbarn gerichtlich verbieten lassen, von dem Baum weiter Äste abzuschneiden. Es geht um die grundsätzliche Frage, ob überhängende Zweige auch dann abgeschnitten werden dürfen, wenn der Baum abzusterben droht.“ Klingt nach Stoff für einen Spielfilm, der dann bei der Berlinale kommendes Jahr gezeigt werden kann.
Ebenfalls am Freitag beginnt die Fußballeuropameisterschaft, allerdings ohne Fanmeile. Und das ist eine verdammt gute Nachricht. Vor allem die Gastwirte können mit Leinwänden in den Schankgärten vielleicht wieder Coronaboden gutmachen. Und dann kommt, bei bestandener Gruppenphase, vielleicht wieder so etwas wie EM-Fieber auf. Mit Stehplätzen auf dem Bürgersteig und viel zu kleinen Fernsehern. Fast wie früher. Erinnern Sie sich?
Stehen muss auch, wer am Samstag die erste Ausstellung des künftigen Exil-Museums am Anhalter Bahnhof sehen will. Die Open-Air-Ausstellung hat den Titel ZU/FLUCHT und geht bis zum 31. Oktober. Das Besondere daran: Die Schau, die den Bogen vom Exil im Nationalsozialismus bis zur Flucht heute schlägt, findet in ausgedienten Wohncontainern statt. Diese wurden von Studierenden des Instituts für Architektur der TU umgestaltet.
Der Höhepunkt der Woche sollte ebenfalls am Samstag sein: die Umbenennung des Heinrichplatzes im tiefsten Kreuzberg als Herzstück beim Ton-Steine-Scherben-Festival „Wenn die Nacht am tiefsten“. Doch auch in Kreuzberger Tiefen gibt es Neider und Missgönnerinnen. Selbige haben beim Bezirksamt gegen die Umbenennung in Rio-Reiser-Platz Beschwerde eingelegt. Weil sich auch ein grünes Bezirksamt nicht über die Regeln hinwegsetzen kann (zumindest nicht über alle), muss die Umbenennung des Platzes verschoben werden, bis die Beschwerde geklärt ist. Aber vielleicht ist der Platz ja schon in diesem Moment ein anderer: „Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier?“
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