Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Notenbank Knotenbank, Hoden-Luft-Raketen, Babys unterwegs und die Saudis im Kampf gegen den Terror der Anzeigekrise bei der „FAZ“.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Sah im Nachrichtenfernsehen die Unterzeile „Putins Pressekonferenz – Medienspektakel in Moskau“. Und drumherum „Star Wars“-Start, „Star Wars“-Rezensionen, „Star Wars“-Merchandise-Beiträge.
Und was wird besser in dieser?
Putin wechselt die Produktionsfirma.
Die US-Notenbank Fed hat zum ersten Mal seit 2008 den Leitzins angehoben. Ist die globale Finanzkrise jetzt zu Ende?
Die Fed ist eher eine Knotenbank. Sie gehört privaten Banken und ist zugleich staatlich beaufsichtigt und gesetzlich reglementiert. Heißt Notenbank, ist jedoch etwas anderes als unsere rein staatliche Zentralbank. Diese Geschäftsbanken zahlen Mindesteinlagen in die Fed ein – und bekommen jetzt dafür höhere Zinsen wieder heraus. Je mehr Zinsen sich die Banken aus der Fed gönnen, desto weniger verdient der US-Staat an der Sause. Vereinfacht: US-Banken müssen keine billigen Kredite mehr aufnehmen – sie kriegen die Kohle jetzt geschenkt. Das kann man als Ende der Krise verstehen, wenn man zufällig eine US-Bank ist.
Die Union ist sich einig: Einwanderung gehört reduziert, aber nicht begrenzt. Guter Plan?
Das ist eine „Spitzfindigkeit für Sprachwissenschaftler“, wie der sprachfindige Spitzwissenschaftler Horst Seehofer beschied. Mit Merkel: „Es gehört zur Identität unseres Landes, Größtes zu leisten.“ Man nickt spontan und denkt an die Kategorien „Größter Unsinn“ oder unsere Poleposition in der Rubrik „größte Menschheitsverbrechen“. Nun also größtmögliche Wirrnis. Merkels Biografie möge den Titel „Ungefährdet ungefähr“ tragen. Man muss die Wording-Agentur auch nicht beneiden, die nun aus dem Gedankenmonstrum „Politik des teiloffenen Armes“ irgendwas Zitables basteln müsste. Sondern darf mutmaßen: Es zielt auf eine Art „human ressources pipeline“; die man nach bevölkerungspolitischem Bedarf reduzieren kann, ohne dass der Nachschub je begrenzt wäre.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bildet innerhalb von sechs Wochen Entscheider über Asylanträge aus. Geht das nicht schneller?
Nein. Wir sind ein 80–Millionen–Volk und können uns halt nur 562 „Entscheider im Asylverfahren“ leisten. Finanzminister Schäuble triezt die empörend langsamen griechischen Steuerbehörden gern mit der Drohung, er könne ja mal eben 500 deutsche Finanzbeamte vorbeischicken. Was bange Fragen nahelegt, ob deutsche Finanzbeamte zu doof für die Bewertung von Asylanträgen wären. Immerhin kann man den Job offenbar in sechs Wochen lernen.
Deutschland verzeichnet die höchste Geburtenrate seit 1990. Brauchen wir doch keine Flüchtlinge, um zu überleben?
Njet. Die statistische deutsche Frau bekommt 1,32 – die ausländische 1,86 Kinder. Der Anstieg dankt sich beiden.
Auch in den Niederlanden ziehen jetzt Anti-Asyl-Mobs umher. Wohin kann man überhaupt noch flüchten?
Liberale Holländer können immer noch zu uns kommen!
Sven Lau, Salafist und Scharia-Polizist von Wuppertal sitzt wegen Terrorverdachts in U-Haft. Und wer passt jetzt auf die Scharia auf?
Ein linken Umtrieben gegenüber stets penibel auf sein Gewaltmonopol bedachter Staat hat bemerkenswert großzügig reagiert auf die pubertären Hoden-Luft-Raketen von Lau. Wie wäre es einer selbsternannten „Atom-Polizei“ beim Schottern gegen Castor ergangen? Den Terrorvorwurf wird die Justiz nun erhärten müssen – der Freispruch des Landgerichts Wuppertal für die Scharia-Polizei war gelinde gesagt: unterlassene Hilfeleistung für Deppen, die bei einem angemessenen Urteil noch hätten zur Vernunft kommen können.
Unter der Führung Saudi-Arabiens versammeln sich 34 Länder zu einer „Allianz gegen den Terror“. Und wer versammelt sich gegen die Saudis?
Saudi-Arabien führt erfolgreich Krieg gegen den Terror schlechter Anzeigenerlöse in der FAZ. Dort warb man für den kleinen Krieg zwischendurch, der über Jemen tobt, und zog ansonsten die Wildcard: Irgendwie gegen Terror, gib ihm. Auch die „Allianz“, von der einzelne Teilnehmer aus den Medien erfuhren, scheint Außenpolitik by Image-Agentur zu sein. Die Schlagzeile „Der Golf lügt“ scheint allgemein gültig. Apropos: Wer beim Tanken knausert, muss also keinen auf Öko machen, sondern kann Ölverzicht auch als aggressive Friedenspolitik verstehen.
Und was machen die Borussen?
Wenn es diese Saison einen einzigen Spieltag gab, an dem die Bayern zu verunsichern gewesen wären, war es dieser. Die unseren haben ihn genutzt, um gegen den Karnevalsverein zu verlieren.
Fragen: PWE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“