Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Für alle was dabei: Ein Richter bekommt alles, VW-FahrerInnen kriegen ein Sieb und die bayerischen Polizisten schöne Anzüge.

Der Schatten eines Soldaten fällt auf eine gelbe Mauer

Huh, der Schatten eines deutschen Soldaten in Afghanistan. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Novembertrist gestimmt in der Superzeitlupen-Schlange zur Supermarktkasse. Kurz bevor die Reihe an mir ist, drückt jemand eine Leuchtwanne an: „Hier bitte nicht mehr anstellen.“

Und was wird besser in dieser?

Mit Blick auf Pegida, AfD und andere Feierabendneurotiker wird die „Kaufland“-Leuchtröhre ins Grundgesetz aufgenommen.

Deutschland schickt Tornados nach Syrien, 650 Soldaten nach Mali und lässt die Truppe doch länger in Afghanistan als ursprünglich geplant. Müssen wir die Wehrpflicht wieder einführen, um das alles zu stemmen?

Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt, um das alles stemmen zu können: Die Eltern der Verfassung haben Dienst tuende Bürger bewusst als Sollbruchstelle zivilgesellschaftlichen Ungehorsams eingebaut. Konkreter: Sie konstruierten eine Armee, die bei bescheuerten, unmenschlichen oder sinnlosen Befehlen wegläuft. Das funktionierte zum Wohle des Vaterlandes 1991 im Golfkrieg, als schon die Stationierung von Luftwaffeneinheiten in der Türkei zu einem Verweigerungsrekord führte. Umgekehrt wird ein Soldatenstiefel draus: Die Militärs wollten die Berufsarmee, damit keine skrupulösen Zivilisten mehr in der Befehlskette rumlamentieren. Also erstens: Wehrpflicht ja bitte. Und zweitens: einen militärisch zackigen Gruß an die Grünen, die mit allerhand Kirchentagsfrömmelei den Militaristen aufs Pferd geholfen haben.

Beate Zschäpes Pflichtverteidiger müssen sie trotz des angeblich vollständig zerrütteten Verhältnisses weiter im NSU-Prozess verteidigen. Da ist doch beste Stimmung garantiert, oder?

Anfangs behinderte den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl die Schweigestrategie der Pflichtverteidiger. Nun hält er sie an Bord, obwohl ihre Strategie und ihr ganzes Mandat scheitern: Zschäpe wird wohl nun bald doch aussagen. Aber die Anwälte bilden eine Art Wärmebrücke zu den zurückliegenden 247 Prozesstagen. Ohne die müsste der Prozess mit neuer Verteidigung neu begonnen werden. Derzeit bekommt Götzl also beides: endlich eine Aussage von Zschäpe und die Fortführung des Prozesses. Respekt.

Waren Sie auch so berührt vom Abschied des „Giganten“, des „Jahrhundertkanzlers“ Helmut Schmidt?

Dass er noch nicht zurück ist, deutet an: Da oben gibt es Aschenbecher.

Pippi Langstrumpf wurde in der vergangenen Woche 70 Jahre alt. Taugt sie heute noch zum Vorbild?

Die schwedische Wertschöpfungskette Schwedenpop-Ikea-Möbel-Volvo-Limousinen-depressive-Wallander-Romane fußt wegbahnend auf der ruchlosen Anschwedung unserer schutzlosen Kinder durch Langstrumpf und die Bullen von Kinderbü. Auch bei meiner Tochter. Aus genderpolitischen Erwägungen verhing ich gegen meinen Sohn die Sammlung „Das HB-Männchen in seinen schönsten Sketchen“. Hier hatte der Herausgeber korrekterweise die Zigarettenwerbung herausgeschnitten, wo bei Pippi Langstrumpf noch ein „Negerkönig“ herumvatern durfte. Tatsächlich besticht meine Tochter heute durch einen erlesenen Geschmack bei Literatur und Möbeln; mein Sohn zeichnet fantastisch und raucht. Ich weiß doch auch nicht.

Die Autobauer von Volkswagen präsentieren ein Sieb und ein Software-Update, mit denen sich die manipulierten Motoren angeblich relativ leicht und günstig sauber kriegen lassen. Wenn das so einfach ist, wieso fällt das diesem Weltkonzern erst jetzt ein?

Na immerhin! Viele VW-Kunden hatten Angst, ein Kupferarmband, einen Wasserveredler für die Klospülung und einen Eimer Bachblüten zu bekommen! Nun also ein „Strömungsgleichrichter“. Bevor die ersten Chemtrail-Experten auf allen vieren hinterm Passat hernäseln: Wenn der Schadstoffanteil gemindert wird, muss wahlweise der Verbrauch steigen oder die Leistung sinken. Vermutlich brauchten sie für das Bauteil drei Minuten und für die verdeckten Meinungsumfragen dazu zwei Monate. Freuen wir uns auf das Sondermodell „Polo Aluhut“. Übrigens: Wenn alle anderen Hersteller sauber sind – wieso haben sie dann die VW begünstigende Testmethode nie angegriffen?

Wie gefallen Ihnen die am Dienstag vorgestellten neuen Schutzausrüstungen der bayerischen Polizei?

Bleibende Verdienste um das Ansehen und aber auch lustige Aussehen der deutschen Polizei erwarb sich der Hamburger Koksbaron und Schwulenerpresser Schill mit der Tünche von Grün zu Blau. Bayerns Joachim Herrmann legt jetzt nach, und da die gemakeoverten Beamten wie kross geröstete Meerschweinchen aussehen, mag hier mit recht von „wunderbaren Nagern“ die Rede sein. Je nach Neigung auch als Darth Vader oder rustikal vermummter Penis gefeiert, wäre das im Kölner Karneval die erste Fußtruppe, die sich unter närrischen Rufen selbst verprügeln könnte.

Und was machen die Borussen?

Man kann es schlechten Fußball nennen. Andererseits musssich derzeit der Geist der Friedensbewegung ja auch irgendwo verstecken können.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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