Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Banken brauchen nicht mehr Kontrolle, sondern mehr Haftung. DJ Tomekk hat Schwein gehabt, dass das Dschungelcamp ihn rausgeworfen hat. Schade für Hitzfeld. Glück für Borussia.
t az: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Friedrich Küppersbusch: DGB vergleicht Mobilisierung bei Nokia mit "Rheinhausen 1987".
Was wird besser in dieser?
Wäre hübsch, wenn von Bochum mehr übrig bliebe.
Gestern war der Holocaust-Gedenktag. In München feierte man Fasching, ungerührt von den Protesten der jüdischen Gemeinde. Hätte man den Faschingsumzug absagen sollen?
Nein, man hat die Route des kritisierten Karnevalsumzuges vom Münchner Platz der NS-Opfer wegverlegt und sich verpflichtet, künftig das Datum zu verschonen. Die Karnevalsgesellschaft Die damischen Ritter trägt ihren Namen zu Recht, und schließlich hätte die Taktlosigkeit auch dem Schirmherrn OB Ude hauchzart früher auffallen können. Nicht klug, den Protest dem Zentralrat zu überlassen. "Uns war der Gedenktag nicht bewusst", sagen die Jecken. Aber der Wahrheit die Ehre: Es wird auf absehbare Zeit noch jährlich ca. 365 Gedenktage an den Holocaust geben und der Versuch, das auf einen Tag zu begrenzen, wird scheitern.
DJ Tomekk, Sohn einer polnischen Künstlerin und eines marokkanischen Konzertpianisten, hat in einem privaten Video den Hitlergruß gezeigt. Er wurde deshalb von RTL aus dem Dschungelcamp evakuiert. Zu Recht?
Zunächst sollte der "Freund", der das "private Video" der Bild gab, die Stasi-Ehrennadel ohne Betäubung gepierct bekommen. Kollegen von RTL erzählten, sie hätten keine Lust auf Telefonaktionen, in denen dann der vermeintliche Nazi von NPDlern ganz nach oben gevotet würde. So gesehen schont der Rauswurf den Unglücklichen noch.
War Clements Attacke auf die Hessen SPD eigentlich illoyal - oder war er nur konsequent?
Clement hat auch mal mitten im Johannes-Rau-Kanzlerwahlkampf die Brocken geschmissen, weil er Parteichef Brandts Strategie laut polternd nicht billigte. Nach dem Verlauf letzter Woche kann man ja sogar nicht ausschließen, dass sein Dissen von Ypsilanti, sie sei nun nicht eine Zierde der Industriepolitik, ihr entscheidend half. Clement sollte also in der SPD bleiben, im nächsten Bundestagswahlkampf tritt dann die SPD aus ihm aus.
Die Aktienmärkte haben in der letzten Woche verrückt gespielt, ausgelöst durch die Bankenkrise. Brauchen wir mehr Kontrolle für Banken?
Mehr Haftung. Wer in Haushalte, die bereits heillos verschuldet sind, immer noch eine neue Ladung Stoff liefert wie ein Dealer, soll auch selbst hinhalten. Die Bonität von Kreditkunden kann man prüfen, die Immobilien realistisch bewerten, und wer trotz schlechter Risiken unbedingt noch Opfer ködern möchte, der soll im Ernstfall den Totalausfall verbuchen.
Viele Menschen sind so verschuldet, dass sie nicht mal mehr in die Privatinsolvenz gehen können - hier hülfe ein Fonds, in den Kreditbanken einzahlen müssen. Im Großen zeigt sich, dass die oft geschmähten Mindestreserven deutscher Banken sehr offensichtlich doch besser sind als das ankerlose US-Kreditgeschäft.
Bei der französischen Bank Société Générale hat ein Angestellter 5 Milliarden Euro versenkt. Wie geht das denn?
Keine Ahnung. Aber: Respekt.
Beim Spiegel soll es jetzt ein Chef-Duo Müller von Blumencron und Georg Mascolo richten. Eine gute Idee oder nur ein Notnagel?
Stefan Aust kam von der damals florierendsten neuen Sparte: Spiegel TV. So gesehen ist Online-Chef Müller von Blumencron logische Nachfolge. Spiegel.de erübrigt für viele die Lektüre des Print-Heftes, ist also noch mächtiger als Spiegel TV es je war. Die Kombination mit Mascolo, der die Rückverwandlung einer Verkündungskanzel in ein Berliner Büro managte, ist auch eine kollegiale Referenz an den Stern, der seine Wiederauferstehung dem sonst seltenen Funktionieren eines Chef-Duos verdankt.
Am Freitag fängt die Bundesliga wieder an, Bayern spielt in Rostock. Wird Bayern München Meister?
Bayerns Plan, nur noch 20 spitzendevote Medienvertreter mit dem zu versorgen, was man seriös nicht mehr "Informationen" nennen kann, lässt die Hoffnung zu, dass ich es nie erfahren werde. Medien, die sich so embedden lassen, möchte ich nicht konsumieren. Schade für Hitzfeld, dem ich einen großartigen Karriereabschluss gönnte.
Und was macht Borussia Dortmund?
Hat Probleme, 20 Journalisten zusammenzukriegen. Nein, wir haben drei örtliche Zeitungen, was ja schon ein mittlerer Segen an Pressevielfalt ist. Und doch lief die kritische Aufklärung über die Finanzprobleme in Süddeutsche und Kicker - letztlich zum Vorteil des Clubs.
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