Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Gegenüber dem Dalai Lama sind die deutschen Medien in einen unkritischen Taumel des Tollfindens verfallen. Doch Demokratisierung sollte man nicht nur China, sondern auch seinen Gegnern abverlangen.
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bundespräsident Horst Köhler musste die Geldmärkte ("Monster!") zur Ordnung rufen.
Was wird besser in der nächsten Woche?
Geldmärkte stehen stramm, verschenken Taler an die Armen, verabscheuen Profit auf Kosten Wehrloser.
Der Dalai Lama ist im Lande. Was fasziniert die Deutschen so an dem Religionsführer?
Der Lama bietet seit Jahrzehnten allerlei "Der weise Onkel wirds schon-richten"-Projektionen geringstmöglichen Widerstand. Hinzu tritt aktuell schwer benennbare Angst vor der eigenen Unwissenheit über China. Hätte Frau Illner im ZDF versehentlich die Karteikärtchen fürs nächste Ratzinger-Interview genommen, es hätte eine Jahrhundert-Entzauberung werden können: "Wieso wurden Sie nicht demokratisch gewählt? Warum schließen Sie Frauen aus? Sind sie nun spiritueller Führer oder weltlicher? Trifft es zu, dass es in der Geschichte Ihrer Religion niemals Demokratie gab?" Die Medien sind in einen Taumel des Tollfindens verfallen, der sehr gnädig als "Pop-Politik" zu deuten wäre.
Heide Wieczorek-Zeul musste wegen Ihres Treffens mit dem Dalai Lama viel Kritik aus ihrer Partei einstecken. Machen die Sozialdemokraten einen Kotau vor China?
Durch die Vergabe der Spiele nach Peking war das Aufwallen des Tibet-Konfliktes mindestens in Kauf genommen. Kluge Außenpolitik hätte die Zeit davor genutzt, dem Dalai Lama zu flüstern: Seine weihrauchschwangere Nebelrhetorik lässt völlig unklar, ob er zur Diktatur der Mönche und Adelskaste zurückmöchte, die vor der chinesischen Besetzung herrschte. Zugleich hätte gewiefte Außenpolitik den Chinesen klar gemacht: Demokratisierung wird China abverlangt - aber auch seinen Feinden. Diese Chancen wurden von Kinkel und Fischer versiebt. Und nun versucht die SPD, spät und unter Beobachtung das richtige Konzept umzusetzen.
CDU-Ministerpräsidenten wie Roland Koch drängeln sich um ein Treffen mit dem geistigen Oberhaupt der Tibeter. Woher rührt dieser plötzliche Eifer in Sachen Menschenrechte?
"Gute Ausländer sind Ausländer, die Roland Koch lieb haben und anderswo für Unruhe sorgen"? Der Lama ist ein Stümper, wenn er sich mit solchen Leuten abgibt. Was versteht er unter Menschenrechten, wenn er solche Vollhorste aufwertet? Ich freue mich schon, wenn Rüttgers, Lammert und Koch den Papst empfangen, um mit ihm "über Menschenrechte zu reden".
Alle Parteien wollen nun die Steuern senken. Die CDU damit gar verhindern, dass die Linkspartei zu populär wird. Wird es klappen?
Man hätte sich mit dieser großen Koalition anfreunden können, täte sie das, was einer Volkspartei alleine zu riskant wäre: den Leuten etwas zuzumuten. Etwa, die Folgeschäden der deutschen Einheit in der Rentenversicherung zu reparieren. Die Staatsverschuldung auf ein Maß zu senken, dass man nicht mehr das Gefühl hat, Staatsbürger der Deutschen Bank zu sein.
Größtes Wirtschaftswachstum seit 1996, selbst mit dem Konsum gehts aufwärts. Was kommt als Nächstes?
Dopingfreier Radsport? Ich hoffe, daneben, auf die Gedächtnisleistung, dass die neoliberalen Erweckungsprediger für ungefähr heute den Weltuntergang geweissagt hatten, wenn wir nicht Lohn-Rumänien spielen.
In Brasilien hat Merkel ein umstrittenes Energieabkommen unterzeichnet. Ist es nicht eine Illusion zu glauben, wir könnten unseren Energiebedarf klimaneutral decken?
Es ist eine Illusion, dass wir als Missionswerk der guten Laune aller Welt Öko beibringen und zu hausen rumpesten wie ehedem. Wir müssen vormachen, wie man mit alternativen Energien richtig böse Geld verdienen kann - dann kommen die anderen von allein.
Und was macht Borussia Dortmund ?
Wie würde eine Mannschaft spielen, die nichts zu gewinnen noch zu verlieren hat am letzten Spieltag - außer vielleicht zu sagen, wie sie den Trainer sieht ? Hm. 2 zu 4 auf eigenem Platz gegen Wolfsburg verlieren? Ja.
FRAGEN: DB, IK
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!