Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Der Papst gibt Gummi und Ehrhart Körting hielt es lange mit einem Hassprediger aus.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Wenn ich nach der Freischaltung von Google Street View in ein abgebildetes Haus ziehe - kann ich dann auf Nachverpixelung bestehen?
Was wird besser in dieser?
Deutschland im Vettel-Fieber: Selbst der Ratzepapst gibt endlich Gummi!
Benedikt XVI. plant für 2011 einen offiziellen Deutschland-Besuch. Grund zur Freude?
Mit seinen jüngsten Statements muss er bald aufpassen, dass ich ihm nicht zujuble: Benni kann sich unter Umständen einen Papstrücktritt vorstellen. Und Kondome werden nicht mehr sein Lieblingsspielzeug, sind jedoch auch nicht mehr ganz des Teufels. Viel Kirchenvolk hatte schon auf einen Drittweltpapst gehofft, als Ratzinger es doch noch wurde. Und wer sich bisher Gewissensqualen antat zwischen Aidsgefahr oder sündigem Kondom, findet jetzt Linderung. Da steht einem liturgischen Sommermärchen nichts mehr im Wege, "Ratzes coming home", Fanmeilen von Dom zu Kondom, und da er seinen Bruder diesmal nicht zu treffen plant - kein Kontakt zu Regensburger Dummpfaffen und deren traurigen Vergehen.
Innenminister Maizière (CDU) spricht öffentlich eine Warnung vor Terroranschlägen gegen Ende November aus. Es gebe Grund zur Sorge, aber keinen zur Hysterie. Was denn nun?
Nachdem in Namibia - für den völkischen Unionsflügel: Deutsch-Südwest - die Sicherheitsbehörden dazu übergegangen sind, einander gegenseitig zu verhaften, geht der "Realtestkoffer" als Erfolgsmodell in Serie. Er enthält je nach Bedarf Realtestkaffer, Realtestkiffer oder als Taliban verkleidete Bundespolizisten. Da übrigens Polizei laut Grundgesetz Ländersache ist, kann sich Verfassungsminister de Maizière mittelfristig selbst festnehmen. Das lässt sich im Rahmen einer kleinen Feierstunde auch bildlich attraktiv umsetzen; de Maizière kettet sich mit Handschellen an ein GG und guckt liberal-konservativ dazu.
Nach den Terrorwarnungen hat Berlins Innensenator Ehrhart Körting erklärt, man solle seltsam aussehende oder arabisch sprechende Nachbarn melden. Sind Sie Ihrer Bürgerpflicht schon nachgekommen?
Körting hat es Jahre in einem Senat mit einem Hassprediger klar muslimischen Namens ("Sarrazin") ausgehalten, ohne was zu merken. Wenn allerdings "seltsam aussehenden Nachbarn" gemeldet werden, wird man in die Solidarität mit Cindy aus Marzahn, Didi Hallervorden und Mario Barth gezwungen. Das ist infam. Nachdem die SPD eh schon bei 20 Prozent rumhängt - warum will sie aus dem großen humanistischen Erbe der deutschen Sozialdemokratie unbedingt die Hälfte Law-and-Order-Irre erben und den Rest vergraulen?
Mehr Polizeipräsenz "in islamisch geprägten Vierteln", Handy- und PC-Verbot für "islamistische Gefährder" fordert Niedersachsens Ressortchef Uwe Schünemann und polarisiert vor der Innenministerkonferenz. Oder?
Ja nun, Schünemann will auch Frachtflugzeuge abschießen lassen, wenn Realtestkoffergefahr besteht; und wenn er sich weiter so prächtig ernährt, ist er ein ganz sicherer Kandidat für Frachtflugzeuge. Hat sich das. "Wenn ihr kein christliches Nachtgebet sprecht, geht ihr ohne Mobiltelefon und PC ins Bett!" Die Kindheit von Schünemann möchte man sich gar nicht vorstellen. Einen Sitz in einer Landesregierung als offenes Therapieangebot aber auch nicht.
Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Der Ärger über Wolfgang Schäuble (CDU) wird immer größer, vor allem unter FDP-Mitgliedern. Denn er erklärt lediglich, was nicht geht - statt zu handeln. Wie weiter?
Eher mit Schäuble als mit der FDP. Zu Anfang der Legislaturperiode wurde einigen maroden FDP-Großkunden - Banken, Unternehmen - ordentlich Steuergeld geschenkt. Zum Ende plant die FDP dafür, den Gleichen die Steuern zu senken. Oder, siehe Gewerbesteuer, sie gleich ganz abzuschaffen. Man unterschätze dabei Schäubles Kultpotenzial nicht, der offert noch ganz andere nieder. Und überschätze seine Ausdauer nicht - er bräuchte eine Kanzlerin, die mehr tut, als abzuwarten, wer gewinnt, und dem dann beizuspringen.
Und was machen die Borussen?
Man kann mal da oben stehen, man kann mal lange da oben stehen - und was die Sache trotzdem besonders macht, ist das Torverhältnis: 31:8. Ein Klassischer BVB-Fan fände auch 31:30 okay, Hauptsache, die Jungs verstecken sich nicht. Zu 8 allerdings … Aber alles hat auch seine Kehrseite. Beckenbauer nennt jetzt Dortmund Favorit, und - das lässt an seiner Inkompetenz zweifeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch